Autokäufer klagen erst 2020 gegen VW
Geklagt hatten zwei Pkw-Eigentümer, die ihre von der "Abgasaffäre" betroffenen Fahrzeuge aus dem Volkswagen-Konzern mit einem Motor des Typs EA 189 vor Bekanntwerden der mutmaßlichen Dieselmanipulationen im Herbst 2015 erworben hatten. 2020 reichten sie Schadenersatzklagen gegen VW ein und forderten den Kaufpreis zurück. Der Vertrieb der Fahrzeuge stelle, so die Kläger, eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch VW dar.
VW erhebt Einrede der Verjährung
VW verteidigte sich gegen den Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung und erhob außerdem die Einrede der Verjährung. Spätestens 2016 wäre es den Klägern bereits möglich gewesen, ihre Klagen auf den Weg zu bringen. Sämtliche Umstände, die die Kläger nun ihren Klagen zugrunde legten, seien schon damals durch entsprechende Medienberichte öffentlich bekannt gewesen. Deshalb seien die Ansprüche drei Jahre später, nämlich mit Schluss des Jahres 2019 und damit noch vor Klageerhebung, verjährt.
Kläger: Viele Details noch unbekannt
Die Kläger sahen dies anders. Sie beriefen sich darauf, dass VW bis heute die Voraussetzungen einer Haftung abstreite. Details über die internen Abläufe und Verantwortlichkeiten, die zur sogenannten Abgasaffäre geführt hätten, seien der Öffentlichkeit weiterhin unbekannt. Ebenso wenig habe VW selbst die Kunden zu irgendeinem Zeitpunkt vollständig und zutreffend über die mutmaßlichen Abgasmanipulationen informiert. Erst ab 2017 hätten erste Gerichte trotz der Unklarheiten über die genauen Abläufe im Volkswagenkonzern klagenden Kunden Schadenersatz zugesprochen. Frühestens ab diesem Zeitpunkt sei es auch anderen Kunden zumutbar gewesen, Klage zu erheben.
LG: Erfolgsaussichten von Klagen schon 2016 hinreichend erkennbar
Das LG Osnabrück gab nun in erster Instanz der beklagten VW AG Recht. Im Laufe des Jahres 2016 seien die mutmaßlichen Hintergründe der sogenannten Abgasaffäre in wesentlichen Teilen ans Licht gekommen. Die Erfolgsaussichten von Klagen der betroffenen Kunden seien damit hinreichend erkennbar gewesen. Dass Einzelheiten der internen Abläufe und der Rechtslage betreffend die zivilrechtliche Haftung noch nicht abschließend geklärt gewesen seien, hindere den Beginn der Verjährungsfrist nicht.
Ansprüche Ende 2019 verjährt
Niemand könne sich darauf verlassen, dass er mit einer Klage warten dürfe, bis alle relevanten Tatsachen im Detail bekannt und alle Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt seien. Die Verjährungsfrist habe in den beiden zu entscheidenden Fällen demnach spätestens Ende des Jahres 2016 begonnen. Die jeweiligen Kläger hätten während der laufenden Verjährungsfrist keine Maßnahmen ergriffen, die die Verjährung hätten hemmen können. Die Ansprüche der beiden klagenden Kunden seien damit Ende des Jahres 2019 verjährt. Das LG wies deshalb im Ergebnis die Klagen der Fahrzeugeigentümer ab. Diese haben auch die Verfahrenskosten zu tragen.
Keine Bindungswirkung für andere Verfahren
Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Sie können mit der Berufung zum Oberlandesgericht Oldenburg angegriffen werden. Das LG wies darauf hin, dass es sich um Einzelfallentscheidungen handelt, die keine Bindungswirkung für andere Verfahren entfalten.