Doppelmörder muss Land Hessen Schadensersatz leisten

Ein rechtskräftig verurteilter Doppelmörder muss dem Land Hessen 70.000 Euro erstatten. Dies entschied das OLG Frankfurt am Main am Mittwoch in einem Zivilverfahren und wies die Berufung des Mannes zurück. Das Land hatte das Geld für die bei der Tat schwer verletzte Tochter der Opfer aufgebracht.

Der Mann war im Juli 2011 wegen Mordes in zwei Fällen sowie wegen versuchten Mordes zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden. Dem inzwischen rechtskräftigen Urteil der Schwurgerichtskammer nach hatte er im April 2009 ein Ehepaar erschossen und ihre erwachsene, an einer Form des Autismus leidende Tochter durch Schüsse schwer verletzt.

Die Tochter habe durch das Geschehen gesundheitliche Schäden im Sinne des Opferentschädigungsgesetzes erlitten, stellte das Land Hessen fest. Es verlangte nun – aus übergegangenem Recht – von dem Verurteilten die Erstattung von Heilbehandlungskosten, Waisenrente und Bestattungsgeld.

Wie zuvor schon das Landgericht bestätigte jetzt auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main den Schadensersatzanspruch (Urteil vom 06.12.2023 – 12 U 78/22). Das Land Hessen habe die Voraussetzungen durch die Bezugnahme auf das Strafurteil schlüssig dargelegt. Zwar sei die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung einer Partei im Zivilprozess nicht bindend. Der Zivilrichter müsse sich vielmehr im Rahmen der freien Beweiswürdigung selbst seine Überzeugung bilden.

Ausführlich begründetes Strafurteil erhöht Anforderungen ans Bestreiten

"Allerdings darf er bei engem rechtlichen und sachlichem Zusammenhang von Zivil- und Strafverfahren ein rechtskräftiges Strafurteil nicht unberücksichtigt lassen, sondern muss sich mit dessen Feststellungen auseinandersetzen, soweit sie für seine eigene Beweiswürdigung von Bedeutung sind", erläuterte der Senat. Die Vorlage eines ausführlich begründeten Strafurteils erhöhe die Anforderungen an das Bestreiten des Beklagten.

Auf dieser Grundlage sei der Senat aufgrund des Strafurteils mit der für eine Verurteilung erforderlichen Gewissheit davon überzeugt, dass der Mann durch die auf die Tochter abgegebenen Schüsse schwere Verletzungen und deren Dauerfolgen verursacht und die Eheleute getötet habe. Die landgerichtliche Beweiswürdigung sei umfassend, in sich nachvollziehbar und widerspruchsfrei.

Der Senat sei auch überzeugt, dass der Verurteilte für die Tat ein Motiv hatte, "nämlich sich durch die Tötung der Familie (...) der von ihr verursachten erheblichen – gerade auch nächtlichen – Lärmbelästigung zu entledigen". Dies bestreite der Mann auch nicht.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 06.12.2023 - 12 U 78/22

Redaktion beck-aktuell, ew, 6. Dezember 2023.