Geplantes Rabattverbot für EU-ausländische Versandapotheken: DocMorris droht mit Klage

Der Online-Versandhändler DocMorris droht mit einer Klage, sollte die von der Bundesregierung geplante Apothekenreform, mit der auch EU-ausländischen Versandapotheken Rabatte verboten werden sollen, in ihrer jetzigen Form Gesetz werden. Nach Ansicht von DocMorris-Chef Olaf Heinrich verstößt das Gesetzesvorhaben gegen Europarecht. "Die Bundesregierung würde damit ein ähnliches Desaster erleben wie mit der Pkw-Maut", sagte er der dpa.

Rabattverbot für verschreibungspflichtige Medikamente geplant

Das Bundeskabinett brachte Mitte Juli 2019 ein Gesetzespaket auf den Weg, mit dem Apotheken vor Ort besser gegen Konkurrenz im Internet geschützt und gestärkt werden sollen. Apotheken aus dem EU-Ausland dürfen dem Vorhaben zufolge keine Rabatte mehr anbieten für verschreibungspflichtige Medikamente, sondern sie müssen an Festpreisen festhalten. Der Branchenverband ABDA begrüßt das Vorhaben: Patienten würden so vor Diskriminierung geschützt.

EuGH kippte Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Medikamenten

Für DocMorris wäre dies hingegen ein Rückschlag. Der Online-Händler gewährt seinen Kunden in Deutschland bisher einen Bonus von 2,50 Euro pro Arzneimittel auf dem Rezept. Ein ähnliches Geschäftsmodell hat die ebenfalls in den Niederlanden angesiedelte "Shop Apotheke". Doc Morris kam 2016 ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (BeckRS 2016, 82517) zugute, das die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Medikamenten - im Branchensprech Rx-Präparate genannt - bei grenzüberschreitendem Warenverkehr in der EU gekippt hat. Allerdings bezog sich der EuGH hierbei auf das Arzneimittelrecht.

Preisbindung soll ins SGB V verschoben werden

Das Bundesgesundheitsministerium will Regeln zu "Rx-Medikamenten" für Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen nun aber in die Sozialgesetzgebung verschieben, wo - so die Lesart des Ministeriums - eine nationale Regelung trotz des EuGH-Urteils möglich sei. Durch die Gesetzesänderung dürfte DocMorris gesetzlich Versicherten - und damit etwa 90% aller Versicherten in Deutschland - auf "Rx-Präparate" keinen Bonus mehr anbieten.

DocMorris-Chef moniert Wettbewerbsbehinderung

DocMorris-Chef Heinrich hält das Vorhaben für einen "Taschenspielertrick". Der Verkauf von "Rx-Präparaten" - etwa von Cholesterinsenkern - ist für DocMorris wichtig, 2017 machte es knapp zwei Drittel seiner Umsätze damit. Die Rezeptboni sind laut dem EuGH aber nötig, um den Wettbewerbsnachteil der Distanz zum Kunden ausgleichen zu können im Vergleich zur stationären Konkurrenz. Mit der Gesetzesänderung wolle das Bundesgesundheitsministerium eine "Schutzmauer" für deutsche Apotheker bauen, die mehr Wettbewerb behindern würde, sagt Heinrich. Er rechnet aber ohnehin damit, dass die Bundesregierung die Bewertung durch die EU-Kommission abwartet und dann noch einlenkt: "Das Gesetz wird so nicht kommen, denn es ist offensichtlich, dass es europarechtswidrig ist."

DocMorris strebt Kooperation mit lokalen Apothekern an

Ungeachtet des Ärgers über das Gesetzesvorhaben bewertet der Manager die Aussichten positiv. DocMorris wird zwar auch künftig keine eigenen Apotheken betreiben in Deutschland - dies ist nur Pharmazeuten möglich und keinen Kapitalgesellschaften. Die niederländische Firma peilt aber eine enge Kooperation mit lokalen Apothekern an. Hier würde DocMorris eine Internet-Plattform anbieten, auf der ortsansässigen Apotheker eigene Angebote einstellen könnten. Für viele Apotheker ist DocMorris aber ein rotes Tuch. Auf die Frage, ob in der deutschen Apothekerschaft sich überhaupt Partner melden würden für die Kooperation, sagte Heinrich: "Die Bereitschaft ist da. Der Branche ist klar, dass sie im Zuge der Digitalisierung und veränderter Kundengewohnheiten vor großen Herausforderungen steht."

DocMorris auf Wachstumskurs

DocMorris gehört zum Schweizer Handelskonzern Zur Rose. Die Tochterfirma sitzt im niederländischen Heerlen direkt hinter der Grenze unweit von Aachen. Das Unternehmen mit etwa 600 Mitarbeitern ist auf Wachstumskurs, 2017 machte es einen Umsatz von 370 Millionen Euro und damit 39 Millionen Euro mehr als ein Jahr zuvor. Seit 2018 werden keine Firmenzahlen mehr kommuniziert, seither fließt DocMorris ins Deutschlandgeschäft von Zur Rose ein. Der Deutschlandumsatz von Zur Rose lag 2018 bei 671 Millionen Euro, knapp 39 Prozent über dem Vorjahreswert - der größte Teil entfiel auf DocMorris.

Redaktion beck-aktuell, 5. August 2019 (dpa).