Geordnete-Rückkehr-Gesetz: Bundesrat will Kindeswohl in Abschiebehaft stärker berücksichtigen

Nach Meinung des Bundesrates gilt es, das Kindeswohl in der Abschiebehaft stärker zu berücksichtigen. Dies geht aus seiner Stellungnahme (BR-Drs. 179/19 (B)) zum von der Bundesregierung geplanten Geordnete-Rückkehr-Gesetz (BR-Drs. 179/19) vom 17.05.2019 hervor. Das Gesetz soll es abgelehnten Asylbewerbern erschweren, ihre Abschiebung zu verhindern.

Bundesrat: Geplante Aufhebung des Trennungsgebotes gefährdet Kindeswohl in Abschiebehaft

Das Gesetz sieht eine Aufhebung des Trennungsgebotes vor, wonach Asylbewerber während ihrer Abschiebungshaft nicht in normalen Gefängnissen untergebracht werden dürfen. Nach Ansicht des Bundesrates berücksichtigt der Gesetzentwurf die Belange von Minderjährigen und Familien mit minderjährigen Kindern nicht ausreichend. Die Inhaftnahme von Minderjährigen und Familien mit Minderjährigen sei ohnehin schon kritisch. Bei einer Aufgabe des Trennungsgebotes wäre das Kindeswohl jedoch erst recht gefährdet. Es brauche deshalb konkrete gesetzliche Regelungen, die sicherstellen, dass die europäischen Vorgaben zur Inhaftierung von Minderjährigen umgesetzt werden. Hierzu gehörten altersgerechte Spiel- und Erholungsmöglichkeiten, Zugang zu Bildung und eine Unterbringung unter altersgemäßen Bedingungen.

Länder fordern: Neuen Duldungsstatus als Vorduldungszeit anrechnen

Kritik üben die Länder auch an dem neuen Duldungsstatus für Personen mit ungeklärter Identität. Ihrer Ansicht nach ist es nicht sachgerecht, dass diese Duldung nicht auf die Vorduldungszeit angerechnet wird. Die Regelung wirke sich vor allem dann negativ aus, wenn ein Betroffener die Verzögerung der Klärung seiner Identität nicht selbst zu vertreten hat, beispielsweise aufgrund längerer Wartezeiten auf Termine bei Botschaften. Auch gut integrierte Jugendliche seien betroffen, da sie zum Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis Vorduldungszeiten erfüllen müssten.

Weitere Verschärfungen gefordert

An anderer Stelle fordern die Länder weitere Verschärfungen. Sie betreffen die Erteilung von langen Einreiseverboten und die Ausweitung des automatischen Ausweisungsinteresses. Außerdem sprechen sie sich dafür aus, dass der Ausreisegewahrsam unter bestimmten Bedingungen ohne vorherige richterliche Anordnung möglich sein soll.

Schwerpunkt des Gesetzes: Ausweitung der Abschiebehaft

Schwerpunkt des Geordnete-Rückkehr-Gesetzes ist die Ausweitung der Abschiebehaft. Hierfür schafft der Gesetzentwurf eine Vielzahl an Kategorien für die Fluchtgefahr - die Voraussetzung für die Sicherungshaft ist. Außerdem senkt er die Anforderung an den Ausreisegewahrsam ab. Neu eingeführt wird die Mitwirkungshaft: Hierüber könnten Menschen für 14 Tage in Haft genommen werden, wenn sie einer Anordnung für einen Termin an der Botschaft des vermutlichen Herkunftsstaates oder einer ärztlichen Untersuchung der Reisefähigkeit nicht nachgekommen sind.

Abschiebehaft künftig auch in normalen Gefängnissen

Ebenfalls neu: Künftig sollen ausreisepflichtige Ausländer für die Abschiebehaft auch in regulären Justizvollzugsanstalten untergebracht werden können statt wie bisher ausschließlich in gesonderten Abschiebehafteinrichtungen. Auf diese Weise möchte die Bundesregierung die Zahl der Haftplätze von aktuell 487 nahezu verdoppeln.

Neuer Duldungsstatus geplant

Außerdem ist geplant, einen neuen Duldungsstatus für Personen mit ungeklärter Identität einzuführen. Sie soll immer dann erteilt werden, wenn es eine ausreisepflichtige Person selbst zu verantworten hat, dass sie nicht abgeschoben werden kann, beispielsweise aufgrund eines fehlenden Passes. An den Duldungsstatus sind eine Wohnsitzauflage und ein Beschäftigungsverbot geknüpft.

Konkreter Ablauf von Abschiebungen soll geheim gehalten werden

Darüber hinaus stuft der Gesetzentwurf Informationen zum konkreten Ablauf einer Abschiebung strafrechtlich als Geheimnis ein. Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst Verpflichtete können sich demnach strafbar machen, wenn sie diese Informationen verbreiten. Wegen Anstiftung oder Beihilfe zu der Tat könnten dann auch Flüchtlingshelfer oder Mitarbeiter von Beratungsstellen belangt werden.

Weitere Verschärfungen

Weitere Verschärfungen betreffen Flüchtlinge, die bereits in einem anderen EU-Land anerkannt wurden und dann nach Deutschland kommen: Sie sollen keine Sozial-, sondern nur noch Überbrückungsleistungen bekommen. Nur noch eingeschränkte Leistungen sollen Asylbewerber erhalten, die im Asylverfahren gegen ihre allgemeinen Mitwirkungspflichten verstoßen oder eigene Finanzmittel verschweigen. Zudem möchte die Bundesregierung die Ausweisung straffälliger Asylbewerber erleichtern.

Wie es weitergeht

Die Stellungnahme des Bundesrates wird nun zunächst der Bundesregierung zugesandt. Sobald sie sich dazu geäußert hat, leitet sie den Gesetzentwurf einschließlich der Stellungnahme des Bundesrates und ihrer Gegenäußerung an den Bundestag weiter. Dieser hat bereits am 16.05.2019 mit seinen Beratungen in erster Lesung begonnen.

Redaktion beck-aktuell, 20. Mai 2019.

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