Gemeinde darf Vorkaufsrecht für Wohnbauland nicht zu bloßer Bevorratung ausüben

Die Ausübung eines Vorkaufsrechts für im Flächennutzungsplan ausgewiesene Wohnbauflächen ist zum Wohl der Allgemeinheit nur gerechtfertigt, wenn die Gemeinde alsbald die (weiteren) Schritte unternimmt, die zur Verwirklichung des Ziels, Wohnbauland bereit zu stellen, erforderlich sind. Dies hat das Verwaltungsgericht Mainz mit Urteil vom 06.05.2020 entschieden. Im Regelfall sei dafür die alsbaldige Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans geboten.

Gemeinde übte Vorkaufsrecht zur Entwicklung von Wohnbauflächen aus

Der Kläger erwarb mit notariellem Kaufvertrag ein als Ackerland langfristig verpachtetes Grundstück, das mit einer Teilfläche im Bereich des Flächennutzungsplans als "Wohnbaufläche" ausgewiesen ist. Die Gemeinde übte hinsichtlich der Teilfläche das Vorkaufsrecht "zum Zwecke der künftigen Entwicklung von Wohnbauflächen" aus. 

Kläger monierte bloße Bevorratung

Mit der nach erfolglosem Widerspruch erhobenen Klage machte der Kläger geltend, die beklagte Gemeinde wolle das Teilgrundstück nur zur Bodenbevorratung erwerben. Die Realisierung eines Baugebiets im Grundstücksbereich sei erst in weiter Zukunft zu erwarten, aktuell habe die Beklagte gerade erst damit begonnen, ein anderes Baugebiet zu verwirklichen.

VG: Alsbaldige Schritte zur Bereitstellung von Wohnbauland erforderlich

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und hob den Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts auf. Die Gemeinde dürfe das Vorkaufsrecht gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB nur ausüben, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertige. Werde das Vorkaufsrecht gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BauGB auf einen Flächennutzungsplan gestützt, der Wohnbauflächen ausweise, müsse das Ziel der Schaffung von Flächen für den Wohnungsbau angestrebt werden. Dies setze auch in zeitlicher Hinsicht dem Vorkaufsrecht Grenzen: Die Gemeinde müsse alsbald diejenigen (weiteren) Schritte vornehmen, um die Bereitstellung von Wohnbauland auch zu verwirklichen. Im Regelfall werde dies die alsbaldige Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans gebieten.

Mit Aufstellung eines Bebauungsplans hier nicht demnächst zu rechnen

Zeitlich bestimmbare Verwirklichungsschritte seien im vorliegenden Fall jedoch nicht erkennbar, so das VG weiter. Die Gemeinde, die aktuell bereits ein Baugebiet vermarkte, habe nicht festgelegt, welches der drei weiteren angedachten Bauerweiterungsgebiete sodann in welchem zeitlichen Rahmen und in welcher Reihenfolge einer Wohnbaunutzung zugeführt werden solle. Das Gebiet, in dem das Kaufgrundstück gelegen sei, solle nach Äußerungen kommunaler Vertreter erst im Nachgang zu einer anderen Fläche überplant werden. Die Planung einer Kreisverkehrsanlage, die auch der Erschließung des in Rede stehenden Baugebiets dienen könne, stelle keinen ausreichenden zeitlichen Zusammenhang her. Sie sei in anderem sachlichen Zusammenhang angestoßen worden und für die alsbaldige Bereitstellung von Wohnbauland auch nicht zwingend.

VG Mainz, Urteil vom 06.05.2020 - 3 K 616/19

Redaktion beck-aktuell, 20. Mai 2020.