Gefälschte Impfnachweise: Union sieht Handlungsbedarf

Die Unionsfraktion dringt auf empfindliche Strafen für Menschen, die gefälschte Impfnachweise herstellen, verkaufen oder zur Umgehung von Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie benutzen. Da die bisherige Rechtslage hier aber unklar ist, wollen CDU und CSU voraussichtlich in der kommenden Woche einen Entwurf für ein “Gesetz zur Verbesserung des Schutzes vor Impfpassfälschungen“ im Bundestag einbringen. 

Justizministerium prüft möglichen Reformbedarf schon seit Juni 

Damit würde eine Lücke im Gesetz geschlossen, um die sich Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) bisher zu wenig gekümmert habe, sagte der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Jan-Marco Luczak (CDU), gegenüber der Presse. Die Justizministerkonferenz hatte Lambrecht im Juni gebeten, möglichen Reformbedarf zu prüfen und einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Diese Prüfung sei noch nicht abgeschlossen, teilte das Bundesjustizministerium auf Anfrage mit. Ein Sprecher des Hauses hatte Ende Oktober erklärt, “wenn diese Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass Anpassungen strafrechtsnotwendig sind, dann wird das Justizministerium auch zügig entsprechende Vorschläge vorlegen“. Bei der Ministerpräsidentenkonferenz im Oktober wurde das Thema erneut aufgerufen. Die Länderchefs betonten, notwendig sei eine Rechtslage, “mit der alle Fälle der Fälschungen von Gesundheitszeugnissen angemessen sanktioniert werden können".

Unionsvorschlag sieht Tatbestandserweiterungen für Betrugs- und Urkundsdelikte vor

Der Entwurf der Union sieht vor, dass künftig nicht nur die Täuschung von Behörden und Versicherungen strafbar sein soll, sondern auch das Vorlegen einer Fälschung in der Apotheke oder beim Arbeitgeber. Außerdem sollen falsche Impfnachweise, die “bedrohliche übertragbare Krankheiten betreffen“, in den Kreis der Fälle aufgenommen werden, die als “besonders schwere Urkundenfälschung“ klassifiziert werden. Wer sich als Mediziner ausgibt und ein Zeugnis über seinen eigenen Gesundheitszustand oder den eines anderen ausstellt, soll nach dem Vorschlag der Union mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe rechnen müssen. In besonders schweren Fällen - etwa bei gewerbsmäßiger Fälschung - sieht der Entwurf eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren vor. “Wer Impfpässe fälscht oder Fälschungen gebraucht, gefährdet die Gesundheit von Menschen und erschüttert das Vertrauen und die Akzeptanz in Corona-Schutzmaßnahmen. Das muss hart bestraft werden“, sagte Luczak.

Gerichte gehen von Strafbarkeitslücke aus

Das Landgericht Osnabrück hatte mit Beschluss vom 26.10.2021 festgestellt, das Vorzeigen eines gefälschten Impfausweises in einer Apotheke zur Erlangung eines digitalen Impfzertifikats sei nach der derzeitigen Rechtslage kein strafbares Handeln. Es sei von einer “Strafbarkeitslücke“ auszugehen. Im Fall einer Münchner Betrügerbande kamen unlängst eine Apothekenmitarbeiterin und ein Komplize in Untersuchungshaft, in diesem Fall ging es um die “Unzutreffende Bescheinigung einer Covid-19-Schutzimpfung“ und die Fälschung technischer Aufzeichnungen. Zuvor waren falsche Impfzertifikate aufgetaucht, für die Ungeimpfte jeweils 350 Euro bezahlt haben sollen. Laut einer Umfrage des ARD-Magazins “Report Mainz“ haben deutsche Polizeibehörden im Zusammenhang mit gefälschten Impfnachweisen bisher fast 2.000 Fälle bearbeitet.

Generalstaatsanwaltschaft Celle bejaht Strafbarkeit

Die niedersächsischen Generalstaatsanwaltschaften halten die Herstellung und Vorlage gefälsch­ter Impfzertikate zur Erlangung eines digitalen Impfzertifikats in einer Apotheke für strafbar. Anlass für diese Aussage sei die jüngst bekannt gewordene Entscheidung des LG Osnabrück gewesen, deren Rechtsauffassung ausdrücklich nicht geteilt werde. Vielmehr werde eine Klärung durch eine ausstehende obergerichtliche Entscheidung angestrebt. Die Straftatbestände der Fälschung von Gesundheitszeugnissen (§ 277 StGB) und des Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse (§ 279 StGB) seien zwar immer nur dann anwendbar, wenn die Vorlage zum Zweck der Täuschung gegenüber einer Behörde oder einer Versicherungsgesellschaft erfolge, nicht jedoch gegenüber einer Apotheke oder anderen privaten Einrichtung. Ein Rückgriff auf den allgemeinen Straftatbestand der Urkundenfälschung (§ 267 StGB) sei in einem solchen Fall aber möglich, weil anderenfalls nicht zu erklärende Wertungswidersprüche entstünden. "Es besteht kein Anlass zur Annahme einer Strafbarkeitslücke. Eine solche widerspräche ganz offensichtlich dem Willen des Gesetzgebers", erklärten die drei niedersächsischen Generalstaatsanwälte Rust, Lüttig und Heuer.

Redaktion beck-aktuell, 4. November 2021 (dpa).

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