Gedenkminute, Antrittsrede und zahlreiche Beschlüsse im Bundesrat

Die Plenarsitzung des Bundesrates am 06.11.2020 begann mit einer Gedenkminute für die Opfer der Terroranschläge von Wien, Dresden, Nizza, Lyon und Paris. Nach der Antrittsrede des neuen Bunderatspräsidenten Reiner Haseloff billigte der Bundesrat 15 Gesetzesbeschlüsse aus dem Deutschen Bundestag. 

Mehr Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Abgeordneten

Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat eine Änderung des Abgeordnetengesetzes gebilligt, die zusätzliche Ordnungsgeldtatbestände schafft. Bislang sah das Gesetz die Verhängung eines Ordnungsgeldes nur vor, wenn die Abgeordneten die Pflicht zur Anzeige von Tätigkeiten oder Einkünften verletzen. Künftig kann ein Ordnungsgeld auch wegen Verstößen gegen die Anzeigepflicht von Spenden und das Verbot der Annahme unzulässiger Zuwendungen verhängt werden. Das Gesetz schafft zudem die nicht mehr zeitgemäße Verpflichtung zur Veröffentlichung von Verhaltensregeln und Einkünften in einem gedruckten Amtlichen Handbuch des Bundestages ab und ermöglicht eine ausschließliche Online-Publikation. Auch die Erstattung für Tätigkeiten der Abgeordnetenmitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht der Unterstützung bei der parlamentarischen Arbeit dienen, verbietet das Gesetz. Das Präsidium kann gegen Abgeordnete, die hiergegen verstoßen, ein Ordnungsgeld verhängen.

Bundesrat billigt Wahlrechtsänderungen

Der Bundesrat hat ein Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes gebilligt, das der Bundestag zuvor beschlossen hatte. Das Gesetz hält am Wahlsystem der personalisierten Verhältniswahl fest. Es bleibt auch bei der 2013 eingeführten Sitzzahlerhöhung zum Ausgleich von Überhangmandaten. Weiterhin sollen die Sitze auch in einem ersten Schritt nach festen Sitzkontingenten der Länder und in einem zweiten bundesweit verteilt werden. Damit sich der Bundestag nicht mehr so stark vergrößert, beginnt der Ausgleich von Überhangmandaten künftig erst nach dem dritten Überhangmandat. Außerdem werden Wahlkreismandate auch auf Listenmandate der gleichen Partei in anderen Ländern angerechnet. Die Zahl der Wahlkreise sinkt nach der nächsten Bundestagswahl von 299 auf 280. Das Gesetz schafft zudem eine Reformkommission beim Bundestag, die weitere Anpassungen des Wahlrechts vorbereiten soll.

"P-Konto" wird weiterentwickelt

Das sogenannte P-Konto" kann nach Zustimmung des Bundesrates fortentwickelt werden. Es ermöglicht Schuldnern den Zugriff auf den unpfändbaren Teil ihrer Einkünfte. Die Neuregelungen lösen nun Probleme, die bei einer Evaluation aufgezeigt worden waren. Außerdem machen sie die Vorschriften zum Kontopfändungsschutz transparenter. Das Gesetz sieht vor, die Ansparmöglichkeiten auf dem P-Konto zu erweitern. Außerdem enthält es Regelungen zur Nachzahlung von besonderen Leistungen, zur Erteilung und Anerkennung von Bescheinigungen für die Erhöhung des unpfändbaren Grundfreibetrages sowie zum P-Konto in der Insolvenz. Zum Schutz der Schuldner gibt es künftig eine jährliche Anpassung der Pfändungsfreigrenzen, um der Preisentwicklung genauer Rechnung zu tragen.

Verbot von Einwegplastikprodukten kommt

Der Bundesrat hat einer Verordnung zum Verbot bestimmter Einwegkunststoffprodukte zugestimmt. Ziel der Verordnung es, die Ressource "Kunststoff" besser zu bewirtschaften und das achtlose Wegwerfen von Abfällen in die Umwelt zu begrenzen. Das Verbot bezieht sich auf Wattestäbchen, Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen und Luftballonstäbe aus Kunststoffen sowie "To-Go"- Lebensmittelbehälter, Getränkebecher und -behälter aus Styropor. Vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen das Verbot stellen nach der Verordnung eine Ordnungswidrigkeit dar. Sie können mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 100.000 Euro geahndet werden. Für den Vollzug sind die Länder verantwortlich. Mit der Verordnung setzt die Bundesregierung Vorschriften der Einwegkunststoffrichtlinie der Europäischen Union eins zu eins um. In einer begleitenden Entschließung bittet der Bundesrat die Bundesregierung, Anreize für den Ausbau und die Nutzung von Mehrwegsystemen im gesamten Versandhandel zu schaffen und bestehende Projekte zu fördern. Die Verkündung der Verordnung soll nach den Plänen der Bundesregierung bis Ende dieses Jahres erfolgen. Die Regelungen würden dann am 03.07.2021 europaweit einheitlich in Kraft treten.

HOAI künftig ohne verbindliche Honorarvorgaben

Der Bundesrat hat heute auch dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf der Ersten Verordnung zur Änderung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zugestimmt. Im letzten Jahr hatte der Europäische Gerichtshof die verbindlichen Mindest- und Höchsthonorarsätze der HOAI für unvereinbar mit der Dienstleistungsrichtline erklärt. Die HOAI musste daher angepasst werden. Die neue Verordnung sieht vor, dass die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen künftig immer frei vereinbart werden können. Die Grundsätze und Maßstäbe der HOAI können von den Vertragsparteien zur Honorarermittlung herangezogen werden. Zur Frage der Höhe der Honorare enthält die HOAI Honorarspannen, die als unverbindliche Orientierungswerte zur Verfügung stehen. Für den Fall, dass keine wirksame Honorarvereinbarung geschlossen wurde, gilt der sogenannte Basishonorarsatz als vereinbart, dessen Höhe dem bisherigen Mindestsatz entspricht. Die neue Fassung der HOAI wird zum 01.01.2021 in Kraft treten.

Redaktion beck-aktuell, 6. November 2020.