Die Bundesrichter und -richterinnen haben eine bisher heftig umstrittene Frage geklärt. In einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) war klar geregelt: Für bestimmte Bauteile – etwa nichttragende Innenwände, Bodenbeläge sowie Fensterstöcke, -rahmen und -scheiben – sollten die jeweiligen Eigentümer selbst für Instandhaltung und Reparatur zahlen. Sie sind zwar rechtlich Gemeinschaftseigentum, aber liegen räumlich im Bereich der einzelnen Einheiten. Jahre nach Errichtung der Wohnanlage, die von Beginn an – unter anderem an den Fenstern – Mängel aufwies, beschloss die Gemeinschaft eine umfangreiche Sanierung. Zur Finanzierung wurde eine vom gesetzlichen Normalfall (§ 16 Abs. 2 S. 1 WEG) abweichende Regelung zur Kostenverteilung in Form einer Sonderumlage von 875.000 Euro erhoben, und zwar verteilt nach Miteigentumsanteilen.
Ein Mitglied sah darin einen Verstoß gegen die vereinbarte Kostenregelung. Die Eigentümerin erhob daher eine Anfechtungsklage mit der Begründung, dass die Sanierung ausschließlich Bauteile betreffe, für die nach der Gemeinschaftsordnung die Betroffenen aufkommen müssten – unabhängig davon, ob die Schäden neu oder von Anfang an vorhanden gewesen seien. Das AG München wies ihre Klage ab. Das LG gab ihr hingegen recht: Es verneinte eine ordnungsgemäße Verwaltung, da der Kostenverteilungsschlüssel der Gemeinschaftsordnung unzutreffend angewendet worden sei. Dagegen drang die WEG mit ihrer Revision nicht durch. Der BGH bestätigte in dem jetzt veröffentlichten Urteil die Argumentation der Vorinstanz (Urteil vom 23. Mai 2025 – V ZR 36/24).
Sonderumlage verstößt gegen die ordnungsgemäße Verwaltung
Der V. Zivilsenat stellte klar: Nach § 10 Abs. 1 WEG können Wohnungseigentümer vom gesetzlichen Kostenverteilungsschlüssel (§ 16 Abs. 2 Satz 1 WEG) durch Vereinbarung abweichen. Dies umfasst nach Ansicht der Karlsruher Richterinnen und Richter ausdrücklich auch die Kosten für die erstmalige mangelfreie Herstellung des Gemeinschaftseigentums. Der bislang umstrittene Begriff der „Instandsetzung“ ist dem Urteil zufolge im Sinne der gefestigten Rechtsprechung weit zu verstehen und schließt daher auch Maßnahmen zur Beseitigung anfänglicher Baumängel ein. Dafür sprächen nicht nur der Wortlaut („Erfassung sämtlicher Mangelbeseitigungskosten“), sondern auch Sinn und Zweck der Regelung, dem Wohnungseigentümer die Verantwortung für diese Gebäudeteile zu übertragen – unabhängig vom Ursprung des Sanierungsbedarfs.
Eine Differenzierung nach dem Entstehungszeitpunkt der Mängel würde zu erheblichen Zeitverzögerungen und Abgrenzungsschwierigkeiten bei der Kostenzuordnung führen. Gerade bei baulichen Mängeln sei oft unklar, ob deren Ursache anfänglich oder später entstanden sei, so die obersten Zivilrichter weiter. Eine klare, praktikable Abgrenzung könne daher nur gelingen, wenn auch anfängliche Mängel unter die Kostentrennung fielen. Soweit in der kontroversen Fachliteratur eingewandt wurde, eine solche Auslegung entziehe der Gemeinschaft die Kompetenz zur Beschlussfassung über Instandsetzungsmaßnahmen, verwies das Gericht darauf, dass ausschließlich die Kostenverteilung betroffen sei – nicht jedoch die grundsätzliche Entscheidung über die Sanierungsmaßnahme an sich.