G7 koordinieren Ermittlungen zu Kriegsverbrechen in der Ukraine

Um ihre Ermittlungen zu in der Ukraine verübten Kriegsverbrechen besser zu koordinieren, haben die Justizminister der G7-Staaten die Einrichtung einer konkreten Kontaktstelle in jedem Staat vereinbart. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte nach dem Treffen der Minister am 29.11.2022 in Berlin: "Wir waren uns alle einig, dass abscheulichste Kriegsverbrechen in der Ukraine stattfinden." Bei der verbesserten Zusammenarbeit gehe es vorrangig darum, Beweismaterial zu sichern und Doppelarbeit zu vermeiden.

Zehntausende Fälle möglicher Kriegsverbrechen in der Ukraine

Opfer, die Zeugenaussagen machten, sollten zu sexualisierter Gewalt und anderen traumatisierenden Erlebnissen beispielsweise nicht mehrfach aussagen müssen. Die ukrainischen Strafverfolgungsbehörden selbst hätten bereits fast 50.000 Fälle von möglichen Kriegsverbrechen dokumentiert und etwa 600 Verdächtige ermittelt. Aber auch in Deutschland werden jetzt schon Beweise gesammelt. Auf dem Hilfsportal der Bundesregierung “Germany4Ukraine“ werden Flüchtlinge aufgefordert, sich für Zeugenaussagen zu Kriegsverbrechen an die nächstgelegene Polizeidienststelle zu wenden. Auf diesem Weg sind beim Bundeskriminalamt bereits zahlreiche Hinweise eingegangen.

Ukraine fordert Einrichtung eines internationalen Sondertribunals

Die deutsche Justiz hat Erfahrung mit der Verfolgung von im Ausland begangenen Kriegsverbrechen. Im Januar verurteilte das Oberlandesgericht Koblenz den ehemaligen Vernehmungschef eines syrischen Geheimdienstgefängnisses zu lebenslanger Haft. Allerdings können sich amtierende Staats- und Regierungschefs sowie Außenminister gegenüber staatlichen Gerichten im Ausland uneingeschränkt auf persönliche Immunität berufen. Deshalb sucht die ukrainische Regierung international Unterstützung für die Einrichtung eines internationalen Sondertribunals. Auch die gezielte Zerstörung der zivilen Infrastruktur durch die russischen Angreifer, wodurch Menschen ohne Heizung und Strom leben müssten, stelle ein Kriegsverbrechen dar, sagte Buschmann. Der russische Präsident Wladimir Putin benutze Kälte als Waffe.

G7 kündigten verstärkte Zusammenarbeit mit NGOs an

Buschmann betonte, von der Zusammenkunft gehe das Signal aus: “Kriegsverbrechen dürfen nicht ungesühnt bleiben.“ Der ukrainische Generalstaatsanwalt, Andrij Kostin, sagte, die Ukrainer kämpften an zwei Fronten: einerseits um die territoriale Integrität des Landes wiederherzustellen und andererseits um Gerechtigkeit “für alle Opfer dieses unprovozierten Angriffs“ zu erreichen. Es bestehe unter den G7-Staaten zudem “große Einigkeit, dass wir auch die russische Führungsebene belangen müssen“, sagte Buschmann weiter. In ihrer Abschlusserklärung kündigten die Teilnehmer eine verstärkte Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen an, die Kriegsverbrechen dokumentieren. Die Zahl der Staaten, die den Vorstoß für ein Sondertribunal zur Verfolgung von russischen Verbrechen in der Ukraine unterstützten, sei in den vergangenen Wochen gestiegen, sagte Kostin. Die Ukraine will, dass sich ein solches Tribunal mit der Völkerrechtsstraftat der Aggression befasst.

Redaktion beck-aktuell, 29. November 2022 (dpa).