Früherer Verfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch gestorben

Der ehemalige Politiker und Bundesverfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch ist tot. Er sei am Sonntag im Alter von 83 Jahren gestorben, teilte die Stadt Wiesbaden mit. "Professor Jentsch war eine herausragende Persönlichkeit, ein Spitzenjurist, dessen Rat und Meinung gerade bei komplexen juristischen Fragestellungen stets gefragt war und geschätzt wurde", würdigte Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) den Politiker und Juristen.

Nach der Politik kam die Berufung zum BVerfG

Hans-Joachim Jentsch wurde am 20.09.1937 in Fürstenwalde/Spree geboren und studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Marburg. Nach dem Zweiten Juristischen Staatsexamen und anschließender Promotion an der Philipps-Universität Marburg war er ab 1966 als Rechtsanwalt und ab 1977 als Notar in Wiesbaden tätig. 1976 wurde er Abgeordneter des Deutschen Bundestages und gehörte diesem bis 1982 an. Im Jahre 1982 wurde Hans-Joachim Jentsch zum Oberbürgermeister der Stadt Wiesbaden gewählt. Dieses Amt hatte er bis 1985 inne. Anschließend war er erneut als Rechtsanwalt tätig und in den Jahren 1987 bis 1990 Mitglied des Hessischen Landtags. Von 1990 bis 1994 bekleidete er das Amt des Justizministers des Freistaates Thüringen. Im Anschluss war er wieder als Rechtsanwalt tätig und wurde 1995 im Nebenamt Richter am Thüringischen Verfassungsgerichtshof.

Parteien- und Wahlrecht am BVerfG

Am Bundesverfassungsgericht umfasste das Dezernat von Hans-Joachim Jentsch ab 1996 unter anderem das Parteienrecht, das Wahlrecht sowie das Recht des öffentlichen Dienstes. Als Berichterstatter bereitete er zahlreiche bedeutende Entscheidungen vor, so unter anderem die Entscheidungen zum NPD-Verbotsverfahren und zur Juniorprofessur. In der Entscheidung zur Auflösung des 15. Deutschen Bundestages durch die Stellung der Vertrauensfrage im August 2005 vertrat Hans-Joachim Jentsch seine von der Senatsmehrheit abweichende Meinung durch ein Sondervotum.

Auszeichnungen und Ehrentitel

Im Juli 2002 wurde Hans-Joachim Jentsch von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena die Ehrendoktorwürde verliehen. Der Thüringer Kultusminister bestellte ihn 2004 zum Honorarprofessor. 1988 wurde Hans-Joachim Jentsch mit dem Verdienstkreuz am Bande sowie nach dem Ende seiner Amtszeit als Minister der Justiz im Freistaat Thüringen mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Im September 2005 erfolgte seine Auszeichnung mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband. Im Jahre 2006 erhielt er die Ehrenbürgerwürde der Stadt Wiesbaden. Der Hessische Ministerpräsident verlieh ihm im November 2010 die Wilhelm-Leuschner-Medaille für Verdienste um die Deutsche Einheit. Im Jahre 2017 ehrte ihn der Hessische Ministerpräsident für sein Lebenswerk mit dem Hessischen Verdienstorden. Von 2013 bis 2016 war Hans-Joachim Jentsch Vorsitzender des Stiftungsrates der Point Alpha Stiftung. Er lebte zuletzt in Wiesbaden.

Redaktion beck-aktuell, 30. März 2021 (ergänzt durch Material der dpa).