Frühere AfD-Abgeordnete Malsack-Winkemann darf Richterin bleiben

Die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann darf weiterhin als Richterin in Berlin arbeiten. Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) scheiterte mit dem Antrag auf Versetzung Malsack-Winkemanns in den Ruhestand wegen ihrer politischen Reden im Bundestag und weiterer Äußerungen. Das Berliner Dienstgericht für Richter wies den Antrag mit deutlichen Worten zurück. Angesichts der Sach- und Rechtslage sei die Entscheidung "zwingend".

Redefreiheit im Bundestag und kein Indiz für rechtsextremistische Einstellung

Das Grundgesetz garantiere die Redefreiheit im Bundestag, so das Gericht. Die dortigen Reden dürften zu keinen dienstlichen Verfolgungen oder anderen Sanktionen durch den Staat führen. Malsack-Winkemanns Reden seien daher gesperrt und dürfen nicht herangezogen werden. Auch einige Äußerungen Malsack-Winkemanns im Internet vor allem zu den Corona-Gesetzen sowie zur US-Wahl und einmalig zum Thema Flüchtlinge zeigten keine rechtsextremistische Einstellung. Als Belege dafür, dass ihre Rechtsprechung unglaubwürdig und voreingenommen sei, "reichen sie nicht ansatzweise aus", weder in der Qualität noch in der Quantität. Ebenso wenig könnten Fotos von ihr mit anderen AfD-Politikern die Nähe zu dem sogenannten Flügel der AfD, der als extremistisch galt, belegen. Das Gericht sehe keine Hinweise, um von einer schweren Beeinträchtigung der unabhängigen Arbeit Malsack-Winkemanns als Richterin auszugehen.

Vorwurf: Falsche Behauptungen über Flüchtlinge

Die Senatsjustizverwaltung und Senatorin Kreck hatten Malsack-Winkemann ausgrenzende und falsche Behauptungen über Flüchtlinge vorgeworfen und ihre Versetzung in den Ruhestand beantragt, weil sie als Richterin nicht mehr unvoreingenommen sei. Sie habe im Bundestag wiederholt und öffentlich Flüchtlinge "ausgegrenzt und wegen ihrer Herkunft herabgesetzt" und sich in Debatten und im Internet "mit konstruierten, offensichtlich falschen Behauptungen zu Flüchtlingen geäußert". Die Öffentlichkeit nehme dies als Sympathie für rassistisch-diskriminierende Konzepte wahr. Kreck betonte in der Verhandlung, die Unabhängigkeit der Justiz sei ein hohes Gut und müsse gewahrt sein. Das müsse man abwägen mit dem Schutz der Abgeordneten-Mandate und Redefreiheit. Das Gericht argumentierte dagegen, das Grundgesetz und der Schutz der Rede im Parlament würden uneingeschränkt gelten.

Malsack-Winkemann: Politik und Richteramt getrennt

Malsack-Winkemann war von 2017 bis 2021 für die AfD im Bundestag, im März 2022 kehrte sie in den Richterdienst zurück. Malsack-Winkemann sagte, das Arbeiten als politische Abgeordnete sowie als Richterin stünden im "absoluten Gegensatz". Parteien sollten an der politischen Willensbildung mitwirken, Richter müssten neutral und unabhängig sein. Sie habe das getrennt und nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag "sofort reagiert und davon Abstand genommen". Eine Berufung ist vor dem Dienstgerichtshof möglich. Über einen ähnlichen Fall eines Richters und AfD-Politikers in Sachsen wird am 01.12.2022 verhandelt.

Redaktion beck-aktuell, 13. Oktober 2022 (dpa).