Freisprüche für ehemalige Fußballfunktionäre Blatter und Platini
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© KEYSTONE / ALESSANDRO CRINARI
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Der Prozess um eine dubiose Millionenzahlung gegen die Ex-Fußballfunktionäre Joseph Blatter und Michel Platini ist mit Freisprüchen zu Ende gegangen. Das Bundesstrafgericht in Bellinzona im Schweizer Kanton Tessin sah es am Freitag nicht als erwiesen an, dass Blatter Platini unrechtmäßig zu einer Zahlung in Höhe von zwei Millionen Schweizer Franken (heute rund 2,02 Millionen Euro) aus den Kassen des Fußball-Weltverbandes FIFA verholfen hatte.

Blatter spricht von "Gentleman's Agreement"

"Ich bin nicht unschuldig in meinem Leben, aber in diesem Fall bin ich unschuldig", hatte Blatter bei seiner Ankunft im Gericht gesagt. Der 86 Jahre alte Schweizer war bis 2016 Präsident der FIFA, der Franzose Platini (67) Präsident der Europäischen Fußball-Union UEFA. Nach ihrer Darstellung handelte es sich bei der Millionenüberweisung im Jahr 2011 um eine Nachzahlung für Beratertätigkeiten, die Platini von 1998 bis 2002 für die FIFA geleistet hatte. Die FIFA habe um die Jahrtausendwende nicht genügend Geld gehabt, um Platini voll zu bezahlen. Es habe sich um ein "Gentleman's Agreement" gehandelt, wie Blatter sagte. 

Bundesanwaltschaft sah keine rechtliche Grundlage für Überweisung

Dagegen wurde damals in Medien spekuliert, dass Blatter sich mit dieser Zahlung von Platini Unterstützung bei der Wiederwahl zu einer neuen Amtszeit 2011 gegen einen Herausforderer sichern wollte. Im Gegenzug soll er laut Spekulationen Platini versprochen haben, ihn für 2015 als seinen Nachfolger aufzubauen. Die Schweizer Bundesanwaltschaft sah jedenfalls keine rechtliche Grundlage für die Millionenzahlung. Sie erhob Anklage gegen Blatter und Platini und forderte für beide eine Freiheitsstrafe von jeweils einem Jahr und acht Monaten. Die Ethikkommission der FIFA hatte die beiden Funktionäre für mehrere Jahre gesperrt. Eine Sperre bedeutet, dass sie keine Fußballaktivitäten wahrnehmen können. Die Anwälte hatten auf Freisprüche plädiert. Die FIFA war in dem Verfahren als Nebenklägerin aufgetreten und hatte die Rückzahlung des Betrags und der darauf gezahlten Sozialleistungen verlangt.

Anwalt versuchte Komplott zu belegen

Platini und seinem Anwalt ging es in dem Prozess darum, ein angebliches Komplott zu belegen. Es gebe kein Motiv für die angebliche Straftat des Betrugs, wohl aber für das Strafverfahren. Die Zahlung habe in der FIFA jahrelang niemand beanstandet, argumentierten sie – bis 2015, just in dem Jahr, als Platini sich um die Nachfolge Blatters bewerben wollte. Platini und sein Anwalt legten nahe, dass Platinis Chancen auf den Spitzenposten mit der Untersuchung zunichte gemacht werden sollten. Statt Platini trat der damalige UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino die Nachfolge von Blatter an. Er ist bis heute im Amt. Warum die Millionenzahlung 2015 ins Visier der Ermittler geriet, war aber nicht Gegenstand des Prozesses. Es läuft allerdings ein weiteres Strafverfahren, weil Infantino sich kurz nach seinem Amtsantritt mehrmals heimlich mit dem damaligen Schweizer Chefankläger Michael Lauber traf, der die FIFA-Ermittlungen führte. Die Begegnungen in Hinterzimmern eines Luxushotels in Bern wurden nicht protokolliert, an den Inhalt kann sich angeblich niemand erinnern. Lauber stolperte über die "Schweizerhof-Affäre" und musste zurücktreten. Platini hat vor einigen Monaten Anzeige gegen Infantino eingereicht.

Blatter zufrieden, Platini angriffslustig

Nach dem Freispruch posierte Blatter mit erhobenen Daumen und breitem Grinsen für die Kameras. "Ich bin ein ehrlicher Mann, ich bin sauber", sagte er. Er glaube an Gott und die Schweizer Justiz, und werde nun in aller Ruhe nach Hause fahren. Platini gab sich dagegen kampfeslustig. Für ihn sei die Angelegenheit noch nicht durch, sagte er. Sein Anwalt zitierte Platini in einem Statement so: "In diesem schrecklichen Fall gibt es Schuldige, die in diesem Prozess nicht aufgetreten sind. Ich garantiere ihnen: Wir werden uns wiedersehen." Er "werde nicht lockerlassen und auf der Suche nach der Wahrheit bis zum Ende gehen". Die Staatsanwaltschaft will erst nach dem Studium der schriftlichen Urteilsbegründung entscheiden, wie sie weiter vorgeht. Sie könnte in Berufung gehen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Auch die FIFA ließ wissen, sie wolle zunächst den kompletten Spruch des Gerichts abwarten, ehe sie über weitere Schritte befinde.

Redaktion beck-aktuell, 8. Juli 2022 (dpa).

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