EuGH: Freie Ersatzteilhändler erhalten von Autobauern keine umfangreichere Auskunft über Ersatzteile

Autohersteller müssen freien Ersatzteilhändlern nicht umfassender Informationen bereitstellen. Das hat der Europäische Gerichtshof am 19.09.2019 entschieden. Eine Diskriminierung von unabhängigen Ersatzteilhändlern und Werkstätten gegenüber Vertragsbetrieben liege nicht vor, befanden die Luxemburger Richter (Az.: C-527/18, BeckRS 2019, 21477). Der Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA) ist damit mit einer Grundsatzklage gegen den südkoreanischen Autohersteller Kia gescheitert.

Elektronische Datenbanken nur unzureichend zur Verfügung gestellt

Der Verband hatte Kia stellvertretend vorgeworfen, den Wettbewerb auf dem Ersatzteilmarkt zu behindern. Elektronische Datenbanken würden etwa nur unzureichend zur Verfügung gestellt – letzten Endes zum Nachteil der Kunden, die für Ersatzteile und Reparaturen zu hohe Preise zahlten. Produzierte Autos erhalten eine Fahrzeug-Identifikationsnummer. In einer Datenbank - die ein mit Kia verbundenes Unternehmen betreibt - sind unter der jeweiligen Nummer im Auto verbaute Teile gespeichert. Händler können über ein kostenpflichtiges Internetportal die zu jeder Nummer gespeicherten Daten einsehen. Diesen Lesezugriff erhalten sowohl Vertragswerkstätten als auch freie Reparaturbetriebe. Sie können damit sehen, welche Originalersatzteile sie für eine Reparatur brauchen. Sie können allerdings nicht sehen, ob es billigere Alternativen gibt.

Ersatzteilmarkt ist Milliardengeschäft allein in Deutschland

Der Ersatzteilemarkt ist ein Milliardengeschäft. Allein in Deutschland hat er laut GVA ein Volumen von mehr als 26 Milliarden Euro. Aus Sicht des Ersatzteileverbands GVA - in dem auch größere Zulieferer wie Bosch und ZF organisiert sind - ist zu beklagen, dass freie Reparaturbetriebe, die in der von Kia zur Verfügung gestellten Datenbank suchen, nur Originalersatzteile der Vertragshändler finden können, was für diese einen Vorteil darstellen kann. Freie Händler müssten daher besseren Zugriff auf die Daten bekommen, damit sie diese verarbeiten und Werkstätten dann alternative Teilelisten zur Verfügung stellen könnten.

Keine Diskriminierung bei gleichen Informationen

Die Luxemburger Richter befanden nun, dass nach geltendem Recht lediglich sichergestellt werden müsse, dass freie Händler und Vertragshändler und -werkstätten der Autohersteller die gleichen Informationen zur Verfügung haben. Das sei hier der Fall sei, und daher würden freie Händler nicht diskriminiert. Nach bestehendem EU-Recht seien die Autohersteller nicht verpflichtet, die Daten in elektronisch weiterzuverarbeitender Form bereitzustellen. Der Lesezugriff über jeweilige Einzelabfragen reiche aus.

Verbraucherschützer: Wettbewerb um günstige Ersatzteile wird verhindert

Von Verbraucherschützern gab es Kritik. "Für die Fahrzeugbesitzer ist dies ein Rückschlag", sagte Gregor Kolbe vom Verbraucherzentrale Bundesverband. "Die Hoffnung, dass durch ein positives Urteil der Zugang zu Ersatzteilen erleichtert und die Verbraucher durch sinkende Kosten direkt profitieren würden, ist leider durch den EuGH verhindert worden." Ein Wettbewerb um günstige Ersatzteile werde so verhindert, was zu höheren Preisen für Verbraucher führe. "Die Entscheidung des EuGH hilft Autoherstellern und stellt freie Werkstätten und Händler schlechter. Dies schadet den Verbrauchern."

Erweiterter Zugriff auf Daten ab 2020

Die EU-Staaten und das Europaparlament einigten sich allerdings 2018 darauf, dass Autobauer künftig ihre Datensätze in elektronisch verarbeitbarer Form zur Verfügung stellen müssen. Das entsprechende Gesetz soll ab 01.09.2020 gelten.

EuGH, Urteil vom 19.09.2019 - C-527/18

Redaktion beck-aktuell, 19. September 2019 (dpa).

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