Frauenausschuss zu verbindlicher Frauenquote in Vorständen

Die geplante Frauenquote in Vorständen großer Unternehmen ist in einer Anhörung im Frauenausschuss des Bundestags mehrheitlich auf ein positives Expertenecho gestoßen. Dies berichtete der parlamentarische Pressedienst. Einige Experten forderten allerdings eine Ausweitung der Quote auf mehr Unternehmen. Andere hielten feste Quoten hingegen für den falschen Weg und forderten stattdessen einen Kulturwandel.

Pro: Frauenquote in Vorständen mit Grundgesetz vereinbar

Die Mehrzahl der geladenen Expertinnen unterstützte den Gesetzentwurf der Bundesregierung "zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst" (BT-Drs. 19/26689). Die Rechtswissenschaftlerin Barbara Dauner-Lieb von der Universität Köln argumentierte, dass es aus rechtlicher Sicht keine Bedenken gegen eine gesetzlich vorgeschriebene Quote oder Mindestbeteiligung für Frauen in den Vorständen gebe. "Rechtlich geht das alles, es kommt nur darauf an, ob man das politisch will." Dies wurde auch von der Sozialwissenschaftlerin Gisela Notz so gesehen. Das Grundgesetz gebe klar vor, dass der Gesetzgeber bestehende Benachteiligungen für Frauen abzubauen habe. Derzeit sei die Hälfte der Bevölkerung massiv unterrepräsentiert in Führungspositionen. Sie forderte zudem "empfindliche Strafen", wenn Unternehmen gegen die Vorgaben verstoßen. Bußgelder reichten nicht aus. Denkbar wäre, dass Unternehmen, die die Mindestbeteiligung nicht einhalten, keine Aufträge mehr von der öffentlichen Hand erhalten.

Frauenquote auf andere Bereiche ausweiten

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Philine Erfurt Sandhu von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin wies darauf hin, dass Deutschland mit einem Frauenanteil von 11% in den Unternehmensvorständen im internationalen Vergleich einen der hinteren Plätze einnehme. Seit 20 Jahren setze man in Deutschland an diesem Punkt auf Freiwilligkeit, dies habe zu keinem Erfolg geführt. Den Gesetzentwurf der Bundesregierung hält sie allerdings für "zu vorsichtig", da er de facto lediglich 30 Unternehmen in Deutschland betreffe. Zudem würden die konkreten Vorgaben zu einem Frauenanteil von maximal 21% führen. Auch Antje Kapinsky vom Verein Spitzenfrauen Gesundheit wünscht sich eine Ausweitung der gesetzlichen Vorgaben für eine Mindestbeteiligung von Frauen auf andere Bereiche. So sei das Gesundheitssystem in weiten Teilen einerseits zwar sehr weiblich geprägt, in den Führungspositionen spiegle sich dies aber nicht wider.

Frauenquote als Mindestprozentzahl festlegen

In diesem Sinne argumentierte auch die Managerin und frühere Siemens-Vorständin Janina Kugel. Die Vorgaben des ersten Führungspersonalgesetzes hätten nicht funktioniert, aber auch die Vorgaben des geplanten zweiten Gesetzes führten dazu, dass der Frauenanteil in den Vorständen signifikant unter 30% bleiben werde. Statt einer Mindestbeteiligung in absoluten Zahlen sollte der Gesetzgeber eine klar definierte Mindestprozentzahl vorgeben. Begrüßt wurde die Gesetzesvorlage zudem von Tanja Demmel als Vertreterin der Kommunalen Spitzenverbände. Sie sei ein wichtiges Signal auf dem Weg zu gleichberechtigter Teilhabe an Führungspositionen für Frauen.

Ausreichend Frauen mit entsprechender Qualifikation vorhanden

Die Rechtsanwältin Daniela Favoccia wies das Argument zurück, dass es nicht ausreichend Frauen mit entsprechender Qualifikation gebe, um einen höheren Anteil in Führungspositionen zu erreichen. Auch wenn Frauen mitunter in technischen oder naturwissenschaftlichen Fachrichtungen unterrepräsentiert seien, so würden sich männliche Vorstandmitglieder auch zu einer großen Zahl aus Betriebswirten oder Juristen rekrutieren. Von denen gebe es auch genügend weibliche. Zudem hätten die Unternehmen auch die Möglichkeit, Frauen im Ausland zu rekrutieren, wo der Anteil in technischen Berufen mitunter deutlich höher sei.

Contra: Kulturwandel statt Quote

Kritisch beurteilten hingegen die Unternehmensjuristin Friederike Rotsch vom Chemie- und Pharmaunternehmen Merck und die Unternehmerin Sarna Röser vom Verein Die Familienunternehmer die gesetzlich vorgegebene Mindestbeteiligung von Frauen. Sie bezeichnete die Vorgaben als einen "erheblichen Eingriff in die internen Strukturen und Gremien privater Unternehmen". Feste Quoten und Zielgrößen seien aber nicht zielführend, um den Frauenanteil zu erhöhen. Rotsch sprach sich zudem dagegen aus, dass auch eine Verlängerung einer Vorstandsmitgliedschaft unter die Auflagen fallen. Diese Fälle müssten von den Vorgaben ausgenommen werden. Röser argumentierte, feste Quoten würden nicht die Ursachen beseitigen, warum so wenige Frauen in Führungspositionen vertreten seien. Es müsse vielmehr ein "Kulturwandel" eingeleitet werden. So müssten beispielsweise die Rahmenbedingungen deutlich verbessert werden, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.

 

Redaktion beck-aktuell, 3. März 2021.