Alkoholisierter Angeklagter fuhr auf Flucht vor "Verfolger" deutlich zu schnell
Der Angeklagte war in alkoholisiertem Zustand nachts mit seinem Pkw auf dem Weg zu einem Club, als sich eine Zivilstreife hinter sein Fahrzeug setzte. Nach seinen nicht widerlegbaren Angaben war ihm nicht bewusst, dass es sich um Polizisten in Zivil handelte. Er habe sich durch das ihm folgende Fahrzeug vielmehr bedroht gefühlt. Um zu entkommen, steigerte er seine Geschwindigkeit auf mindestens 140 km/h, obwohl nur 70 km/h erlaubt waren. Nach einem Abbiegevorgang konnte er gestellt werden.
Erste Instanzen verkennen Einschlägigkeit des "Raserparagrafen"
Amts- und Landgericht Aachen verurteilten den Angeklagten nur wegen Trunkenheitsfahrt, nicht aber wegen Verstoßes gegen § 315d StGB. Das LG sah kein Kraftfahrzeugrennen. Es fehle der "Wettbewerbscharakter" eines Rennens. Die Staatsanwaltschaft legte insoweit mit Erfolg Revision ein. Nach Aufhebung seines Urteils durch das OLG muss das LG nun noch einmal entscheiden.
OLG Köln: Renncharakter erfordert keine Beteiligung zweiten Fahrzeugs
Das OLG merkt an, eine Verurteilung wegen § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB durchaus in Betracht komme. Die Vorschrift sei verfassungsgemäß. Sie solle auch gerade die Fälle erfassen, in denen nur ein einziges Fahrzeug beteiligt sei, da es in dieser Variante des Gesetzes keines "Gegners" bedürfe. Zwar seien bloße Geschwindigkeitsüberschreitungen nicht erfasst. Für eine Strafbarkeit sei erforderlich, dass der Täter grob verkehrswidrig und rücksichtslos fährt und in der Absicht handelt, die in der jeweiligen Situation höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Allerdings müsse dies nicht Haupt- oder Alleinbeweggrund für die Fahrt sein. Das Bestreben, möglichst schnell voranzukommen, könne auch von anderen Zielen begleitet sein, zum Beispiel den Beifahrern zu imponieren, die Fahrzeugleistung zu testen oder verfolgende Fahrzeuge abzuhängen. Auch in diesem Fall gehe der Renncharakter nicht verloren.
OLG Köln bejaht spezifischen Renncharakter auch im konkreten Fall
Nach diesen Maßstäben sei auch die Tat des Angeklagten von einem spezifischen Renncharakter geprägt, in dem sich die besonderen Risiken für den Straßenverkehr und seine Teilnehmer wiederfänden. Ziel eines "Wettbewerbs" in diesem Sinne sei nicht der bloße Sieg, sondern die gelungene Flucht gewesen. Hinsichtlich des Risikos sei das Geschehen mit einem sportlichen Wettbewerb vergleichbar.