"Maßnahmen haben sich bereits nach erstem Lockdown bewährt"
Marius Clemens vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) führte aus, dass das erneute Aufflammen der Corona-Pandemie dem Wirtschaftsaufschwung zu Beginn des Jahres 2021 einen Dämpfer versetze. Er lobte daher die geplanten Maßnahmen (BT-Drs. 19/26544), die sich bereits nach dem ersten Lockdown bewährt hätten und sich damit auch in die bereits existierende Gesamtkomposition des Konjunkturprogramms einbetten würden.
"Ausweitung des Verlustrücktrags stärkt Liquidität"
Sylvia Mein vom Deutschen Steuerberaterverband (DStV) lobte die geplante erneute Ausweitung der Verlustverrechnung. Sie habe sich als das maßgebliche, branchenübergreifende Hilfsinstrument für Unternehmen in der Krise erwiesen. Die erneute Anhebung der Betragsgrenzen für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 im Rahmen des Verlustrücktrags stufte sie als einen richtigen Schritt zur Stärkung der Liquidität ein, was großen Unternehmen zugutekomme. Ähnlich argumentierte die Sachverständige Deborah Schanz vom Institut für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre der Ludwig-Maximilians-Universität München zur Ausweitung des Verlustrücktrags. Da es sich dabei um einen Stundungseffekt handele, stelle der Rücktrag für sie die mit Abstand beste Regelung sowohl aus fiskalischer Sicht als auch als Hilfsmaßnahme dar. Sie begrüßte die Ausweitung des Höchstbetrags. Ihrer Ansicht nach sollte er der Höhe nach nochmals erweitert werden.
Rücktragszeitraum sollte ebenfalls ausgeweitet werden
Kritisch bewertete Mein, dass der Rücktragszeitraum nicht ausgeweitet werden soll, was für kleine und mittlere Unternehmen sehr ungünstig sei. Bei diesen herrsche weiter Liquiditätsnot. Sie empfahl "dringend", den Rücktragszeitraum um drei Jahre auszuweiten. Auch Schanz plädierte hierfür. Ebenso argumentierte der Sachverständige des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, Bertram Kawlath. Er betonte, wie wichtig das Instrument für seine Branche sei. Sie helfe Unternehmen, die gute Geschäfte gemacht hatten, welche ausschließlich krisenbedingt gestört worden seien. Der Maschinenbau brauche das Instrument, weil nach der Krise insbesondere die Anlagenbauer erheblich vorfinanzieren müssten. Sie seien auf die Möglichkeit, Gewinne und Verluste periodenübergreifend verrechnen zu können, besonders angewiesen.
Mindestbesteuerung für Krisenverluste sollte ausgesetzt werden
Als lediglich "noch vertretbar" hatte dagegen Thomas Eigenthaler von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DSTG) in seiner schriftlichen Stellungnahme die Ausweitung des Rücktrags bezeichnet. Forderungen nach einer stärkeren Ausweitung des Rücktrags bewertete er als finanziell nicht darstellbar. Aus Sicht der Praxis wies er auf eine zu erwartende vermehrte Arbeitsbelastung hin, weil durch die vorläufige und dann endgültige Berechnung die Fälle mehrfach in die Hand genommen werden müssten. Christopher Ludwig vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung lenkte hingegen den Blick auf die Mindestbesteuerung und plädierte dafür, diese für Krisenverluste auszusetzen.
Kinderbonus sollte erhöht werden
Die Sachverständige Deborah Schanz lobte den Doppeleffekt des Kinderbonus. Zum einen helfe der Bonus Familien in schwieriger Lage. Andererseits bewirke er einen Konjunktur-Impuls, der sehr hoch eingeschätzt werde. Dazu helfe der Bonus gezielt Haushalten mit niedrigem bis mittleren Einkommen, weil er auf den Kinderfreibetrag angerechnet werde. Sie sprach sich angesichts der hohen Lasten der Familien in der Corona-Krise für eine Anhebung des Betrags auf 300 Euro aus. Der DSTG-Sachverständige Thomas Eigenthaler hielt den geplanten Betrag von 150 Euro pro Kind ebenso für zu gering. Der Betrag sei unverständlich, da die Belastungen der Familien nach dem abermaligen Lockdown härter seien als im Jahr 2020, in dem der Kinder-Bonus 300 Euro betragen habe. Er plädierte für eine Auszahlung von zwei Mal 150 Euro. Der Sachverständige des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Raoul Didier, schloss sich der Forderung an und plädierte dafür, sicherzustellen, dass der Kinderbonus möglichst zielgenau dort ankomme, wo die Kinder ihren Lebensmittelpunkt haben, wenn sie nicht mit beiden Eltern im gemeinsamen Haushalt lebten. Er forderte die Bundesregierung auf, bis zur Auszahlung eine gesetzliche Regelung dazu umzusetzen.
Uneinigkeit über ermäßigten Umsatzsteuersatz in der Gastronomie
Ingrid Hartges vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) schilderte die aus ihrer Sicht schwierige Situation der Branche und der getränkelastigen Betriebe. Sie erklärte die Erwartungshaltung der Gastronomen, dass Getränke unter die Regelung des verminderten Umsatzsteuersatzes fallen sollen. Kritisch äußerte sich dazu Marius Clemens (DIW). Die Umsatzsteuerermäßigung in der Gastronomie werde zu keinen wesentlichen Konjunktureffekten führen, anders als bei einer generellen Mehrwertsteuersenkung. Die Daten zeigten zudem, dass die Senkung nicht an die Haushalte weiter gegeben werde. Ähnlich argumentierte die Sachverständige Mein vom Deutschen Steuerberater-Verband. Mit der Verlängerung des reduzierten Steuersatzes würden zusätzliche Steuer-Mindereinnahmen wegen bestimmter Branchen in Kauf genommen, ohne Konjunkturimpulse zu setzen.