Finanzämter irren sich häufig - Viele Niederlagen am höchsten Gericht

In strittigen Steuerverfahren unterlaufen den deutschen Finanzämtern viele Fehler: Im vergangenen Jahr haben klagende Bürger und Unternehmen fast die Hälfte der Revisionsverfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) in München gewonnen. Die Kläger waren in 49 Prozent der Fälle erfolgreich. Das berichtete gestern der Präsident des höchsten deutschen Steuergerichts, Hans-Josef Thesling.

Großteil der Steuerbescheide wird nicht angefochten

"Ein Spitzenwert auch im langjährigen Vergleich am BFH", sagte Thesling. 2020 hatte die Kläger in 44 Prozent der Revisionsverfahren gegen ihr jeweiliges Finanzamt gewonnen. Der Großteil der Steuerbescheide in Deutschland wird nicht angefochten, wie Thesling betonte. Doch erreicht ein Rechtsstreit um den Steuerbescheid in zweiter Instanz einmal das höchste deutsche Steuergericht, haben Bürger und Unternehmen sehr gute Erfolgschancen - alljährlich gehen mehrere hundert neue Revisionsverfahren am BFH ein. Warum die Finanzämter in diesen Verfahren so oft falsch liegen, geht aus dem am Dienstag veröffentlichten Jahresbericht des Bundesfinanzhofs nicht hervor.

Längere Verfahren wegen Personalproblemen

Der BFH hatte im vergangenen Jahr mit großen Personalproblemen zu kämpfen, da sowohl die Stellen von Präsident und Vizepräsident als auch von fünf Vorsitzenden der elf BFH-Senate zeitweise nicht besetzt waren. Die übrigen Richter und ihre Senate brauchten dementsprechend für ihre Entscheidungen auch etwas länger: Die durchschnittliche Verfahrensdauer in Revisionsfällen stieg von 20 auf 22 Monate. Derzeit sind noch zwei Vorsitzendenstellen vakant. Ursache der Personalprobleme sind verspätete Entscheidungen in Berlin, auch wenn der BFH dieses Thema in seinem Jahresbericht nicht ansprach. Bundesrichter werden vom Richterwahlausschuss gewählt, für die Auswahlverfahren der Senatsvorsitzenden ist das Bundesjustizministerium zuständig.

Redaktion beck-aktuell, 16. März 2022 (dpa).