FIFA-Ethikkommission hatte 2016 wegen Bestechung und Korruption ein Verfahren eröffnet
Ob die Hintergründe um die dubiose Zahlung an den einstigen FIFA-Finanzchef Mohamed bin Hammam jemals vollständig ans Licht kommen werden, ist äußerst zweifelhaft. Eine Zahlung von 10 Millionen Schweizer Franken an bin Hammam im Jahr 2002 soll gegen Art. 27 (Bestechung und Korruption) verstoßen haben. Die deutschen WM-Macher hatten immer behauptet, dass diese Summe dazu diente, um damit einen Organisationszuschuss vom Weltverband FIFA in Höhe von 250 Millionen Schweizer Franken abzusichern. Die rechtsprechende Kammer der FIFA-Ethikkommission hatte ihren Beschluss, das Verfahren nicht weiter zu verfolgen, mit dem Hinweis auf Verjährung begründet. Die Untersuchungskammer der FIFA-Ethiker hatte das Verfahren am 22.03.2016 eröffnet. Der lebenslang gesperrte Bin Hammam selbst wurde laut Zwanziger nie von der Untersuchungskammer zu der Angelegenheit befragt.
Steuerstrafverfahren in Frankfurt
Noch immer ist ein Steuerstrafverfahren gegen Zwanziger, Schmidt und den ehemaligen DFB-Chef Wolfgang Niersbach bei der 2. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt anhängig. Ob eine Hauptverhandlung eröffnet wird, ist offen. Auf dpa-Anfrage teilte die Frankfurter Staatsanwaltschaft am Freitag mit, dass die Entscheidung des Schweizer Bundesstrafgerichts in Bellinzona, wo im April 2020 ein Sommermärchen-Verfahren wegen Verjährung eingestellt worden war, noch nicht vorliege. Der Beschluss werde für das Frühjahr erwartet. Alle Beschuldigten in der Affäre hatten die Vorwürfe stets bestritten.
Prozess im schweizerischen Bellinzona
In Bellinzona war neben Zwanziger (75), Schmidt (79) und Niersbach (70) auch Ex-FIFA-Generalsekretär Urs Linsi (71) wegen Betrugs - im Fall von Niersbach wegen Beihilfe dazu - zum Nachteil der FIFA angeklagt. Das Verfahren gegen Beckenbauer (75) war aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt worden und nicht vor Gericht gelandet. Wegen Verjährung wurde der Prozess am 27.04.2020 eingestellt, nachdem wegen der Corona-Pandemie vom März an nicht weiter verhandelt werden konnte. Im Kern ging es in dem Prozess - wie in Frankfurt - um eine Überweisung des Deutschen Fußball-Bundes im April 2005 in Höhe von 6,7 Millionen Euro über die FIFA an den inzwischen gestorbenen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus. Das Geld wurde als Beitrag für eine Gala zur WM 2006 deklariert, die nie stattfand. Im Jahr 2002 hatte Beckenbauer ein Darlehen von Louis-Dreyfus in gleicher Höhe erhalten, das letztendlich auf Konten von bin Hammam verschwand. Wofür, ist bis heute noch unklar.
DFB-Präsident deutet neue Erkenntnisse an
Zudem hatte der aktuelle DFB-Präsident Fritz Keller neue Erkenntnisse durch eine weitere Untersuchung angekündigt, die aber auf sich warten lassen. "Das Gesamtergebnis kenne ich noch nicht. Aber an mich ist berichtet worden, dass wir zum Schluss wesentlich mehr wissen werden", sagte Keller vor knapp einer Woche der "Welt am Sonntag". "Egal, was rauskommt: Franz Beckenbauer hat sehr viele großartige Dinge für den deutschen Fußball und die Menschen in diesem Land geleistet", ergänzte der 63-Jährige. "Aber Sie haben mich vorhin nach Fehlern gefragt: Es wird sich zeigen, ob doch der eine oder andere dabei war." Der DFB unter Keller hatte zuletzt externe Ermittler des Beratungsunternehmens Esecon mit dem Fall beauftragt. Ein erster Aufklärungsversuch unter der ehemaligen Verbandsführung Anfang 2016 hatte nur mehrere Details geliefert. Eine Anfrage, wie es um den Esecon-Untersuchungsbericht steht, ließ der DFB am Freitag zunächst unbeantwortet.
Zwanziger noch nicht zufrieden
Von der FIFA haben Beckenbauer und die einstigen DFB-Spitzenfunktionäre dagegen nichts mehr zu befürchten. "Das Ganze war von Anfang an absurd und willkürlich", hatte Zwanziger der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstagabend nach Bekanntwerden der FIFA-Entscheidung gesagt. Es zeige, "zu welchen Methoden" die FIFA unter ihrem Präsidenten Gianni Infantino greife. "Jetzt ist die Blamage perfekt." Trotz der Einstellung des Verfahrens geht Zwanziger gerichtlich gegen die Vorsitzenden der unabhängigen Ethikkommission vor. In einer Mail an die beiden Kammern vom 1. Februar dieses Jahres hatte der ehemalige Richter nach eigenen Angaben mitgeteilt, dass er bei einer Schweizer Strafverfolgungsbehörde gegen Vassilios Skouris aus Griechenland und Maria Claudia Rojas aus Kolumbien Strafanzeige und zugleich Strafantrag wegen Verleumdung oder übler Nachrede gestellt hat.