"Tatsächliche Verständigung" über Besteuerungsgrundlagen
Der Kläger betreibt einen Handel mit gebrauchten Fahrzeugen. Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung wurde festgestellt, dass der Kläger in den Jahren 2004 bis 2009 Steuern hinterzogen hatte, deren Höhe allerdings nicht mehr zweifelsfrei aufklärbar war. Der Kläger und das Finanzamt einigten sich daher in einer schriftlich dokumentierten sogenannten tatsächlichen Verständigung dahingehend, dass nicht verbuchte Einnahmen anzusetzen und die Gewinne um die vereinbarten Beträge (rund 100.000 Euro pro Jahr) zu erhöhen seien.
Hinterziehungszinsen festgesetzt
Nach Bestandskraft der entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheide setzte das beklagte Finanzamt Hinterziehungszinsen fest (rund 9.800 Euro). Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, weil nach seiner Auffassung im Rahmen der tatsächlichen Verständigung ein Zahlungsbetrag festgelegt worden sei, der auch die Hinterziehungszinsen habe beinhalten sollen. Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen hat der Kläger Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist. Außerdem stellte er einen Antrag beim Finanzamt auf Erlass der Hinterziehungszinsen. Gegen die Ablehnung dieses Erlassantrags erhob der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren ebenfalls Klage.
FG: "Tatsächliche Verständigung" über Hinterziehungszinsen unzulässig
Das FG hat die Klage gegen die Ablehnung des Erlassantrags abgewiesen. Die schriftlich abgefasste tatsächliche Verständigung enthalte keine Vereinbarung zu den Hinterziehungszinsen. Eine wie auch immer geartete mündliche Zusage sei ebenfalls nicht nachgewiesen. Unabhängig davon wäre eine solche (mündliche wie schriftliche) Vereinbarung auch gar nicht zulässig und daher – jedenfalls für das Gericht – ohnehin nicht bindend. Denn eine tatsächliche Verständigung oder Zusage sei allenfalls in Bezug auf einen unklaren Sachverhalt oder bei Entscheidungen zulässig, bei denen der Finanzverwaltung ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zustehe. Bei reinen Rechtsfragen hingegen könnten solche Vereinbarungen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes nicht getroffen werden. Die Rechtsfolge, dass bei Vorliegen einer Steuerhinterziehung – die hier aufgrund der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide feststehe – zwingend Hinterziehungszinsen festgesetzt werden müssten, ergebe sich bereits aus dem Gesetz und sei daher einer Einigung nicht zugänglich.