Reisekostenrecht: BFH muss Begriff der Betriebsstätte klären

Bereits seit 2014 gilt ein neues steuerliches Reisekostenrecht. Doch was ist danach unter dem Begriff der Betriebsstätte zu verstehen? Das FG Rheinland-Pfalz zieht hierfür die bisherige BFH-Rechtsprechung heran – widerspricht damit aber der Ansicht der Finanzverwaltung.

Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 habe sich nur der Begriff der Arbeitsstätte und nicht auch der der Betriebsstätte geändert, meint das FG. Nun ist der BFH am Zug. Die vom FG wegen der abweichenden Auffassung des Bundesfinanzministeriums (BMF) zugelassene Revision wurde eingelegt (Az.: VIII R 15/14). 

Das BMF hatte in einem Schreiben klargestellt, dass dem Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte" in § 9 EStG auch Bedeutung für die Auslegung des Begriffs der "Betriebsstätte" in § 4 Abs. 5 EStG zukomme. Dieses Schreiben hatte das beklagte Finanzamt für seine Entscheidung herangezogen. Geklagt hatte ein selbstständiger IT-Berater.

Er übte in den Streitjahren 2016 bis 2018 seine Tätigkeit an vier Tagen pro Woche am Sitz seines (einzigen) Kunden aus. In seinen Einkommensteuererklärungen machte er Aufwendungen für die Fahrten von seiner Wohnung zum Kunden und zurück als Betriebsausgaben geltend; dabei rechnete er nach Dienstreisegrundsätzen ab (30 Cent/km für Hin- und Rückfahrt). Das Finanzamt berücksichtigte die Fahrtkosten aber nur im Rahmen der für den Berater ungünstigeren Entfernungspauschale, die 30 Cent/km für die Entfernung zwischen Wohnung und Betrieb des Kunden vorsieht. Auf Grundlage des BMF-Schreibens hatte es entschieden, dass der IT-Berater bei seinem Kunden seine "erste Tätigkeitsstätte" habe, sodass nur die Entfernungspauschale von 0,30 Euro anzusetzen sei.

FG: Weiterhin BFH-Rechtsprechung für Begriff der Betriebsstätte maßgeblich

Die Klage des Beraters blieb erfolglos. Anders als das Finanzamt vertrat zwar das FG Rheinland Pfalz die Auffassung, dass die gesetzlichen Anforderungen an eine "erste Tätigkeitsstätte" im Sinne des § 9 EStG n.F. im vorliegenden Fall aus mehreren Gründen nicht erfüllt seien. Allerdings sei die "Betriebsstätte" nicht unter Rückgriff auf den durch die Neuregelung eingeführten Begriff der "ersten Tätigkeitsstätte", sondern weiterhin auf der Grundlage der bisherigen BFH-Auslegung zum Betriebsstättenbegriff zu bestimmen (Urteil vom 19.06.2024 – 1 K 1219/21, nicht rechtskräftig).

Da somit der Sitz des (einzigen) Kunden Betriebsstätte des IT-Beraters war, konnte dieser laut FG seine Fahrtkosten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nur in Höhe der Entfernungspauschale als Betriebsausgaben geltend machen. Seine Wohnung oder häusliches Arbeitszimmer seien dagegen keine Betriebsstätte.

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.06.2024 - 1 K 1219/21

Redaktion beck-aktuell, gk, 24. Juli 2024.