FG Rheinland-Pfalz: Knappe amtsärztliche Bestätigung für Abzugsfähigkeit der Kosten nicht anerkannter Heilmethode ausreichend

Ein Steuerpflichtiger kann auch dann Kosten für eine wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethode als außergewöhnliche Belastung geltend machen, wenn er dem Finanzamt zum Nachweis der Erforderlichkeit der Behandlung nur eine kurze Stellungnahme des Amtsarztes und kein ausführliches Gutachten vorlegt. Dies hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 04.07.2018 entschieden (Az.: 1 K 1480/16).

Kläger machten Kosten für Naturheilbehandlung geltend

Die Kläger ließen ihre zweieinhalbjährige und wegen Komplikationen bei der Geburt schwerbehinderte Tochter in einem von zwei Heilpraktikern betriebenen "Naturheilzentrum" behandeln. Nachdem die Krankenkasse die Erstattung der Kosten abgelehnt hatte, machten die Kläger die Aufwendungen im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend und legten ein privatärztliches Attest einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde (Homöopathie) vor.

Finanzamt erkannte amtsärztlich bestätigtes Attest nicht an

Diese kam zu dem Ergebnis, dass bei dem schweren Krankheitsbild jeder Versuch, das Ergebnis zu verbessern, für die Familie wichtig und auch medizinisch jeder positive Impuls für das Kind zu begrüßen sei, weshalb sie auch ärztlich die Teilnahme am Förderprogramm des Naturheilzentrums empfehle. Auf diesem Attest hatte der zuständige Amtsarzt vermerkt: "Die Angaben werden amtsärztlich bestätigt". Das beklagte Finanzamt erkannte die Behandlungskosten nicht als außergewöhnliche Belastung an, da die knappe Äußerung des Amtsarztes kein "Gutachten" darstelle.

FG: Kläger haben ausreichenden Erforderlichkeitsnachweis erbracht

Das Finanzgericht hat der dagegen gerichteten Klage stattgegeben. Die Tochter der Kläger sei zwar mit wissenschaftlich nicht anerkannten Methoden behandelt worden, sodass der Nachweis der Erforderlich- beziehungsweise Zwangsläufigkeit nach § 64 EStDV in qualifizierter Form geführt werden müsse. Diese Anforderungen seien aber erfüllt.

Amtsärztliches Attest hat gleiche Qualität wie ein amtsärztliches Gutachten

Zwar enthalte der Wortlaut des § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStDV tatsächlich den Begriff "amtsärztliches Gutachten". Die Vorschrift ermächtige jedoch nicht nur den Amtsarzt, sondern in gleicher Weise auch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse, die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen bei unkonventionellen Behandlungsmethoden zu bestätigen. Hierfür müsse der medizinische Dienst nur eine "Bescheinigung" ausstellen. Vor diesem Hintergrund und mit Rücksicht auf Sinn, Zweck und historische Entwicklung der Vorschrift seien daher an das "Gutachten" des Amtsarztes in Bezug auf Form und Inhalt keine höheren Anforderungen als an eine "Bescheinigung" zu stellen.

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.07.2018 - 1 K 1480/16

Redaktion beck-aktuell, 4. Januar 2019.

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