Kläger machten Kosten für Naturheilbehandlung geltend
Die Kläger ließen ihre zweieinhalbjährige und wegen Komplikationen bei der Geburt schwerbehinderte Tochter in einem von zwei Heilpraktikern betriebenen "Naturheilzentrum" behandeln. Nachdem die Krankenkasse die Erstattung der Kosten abgelehnt hatte, machten die Kläger die Aufwendungen im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend und legten ein privatärztliches Attest einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde (Homöopathie) vor.
Finanzamt erkannte amtsärztlich bestätigtes Attest nicht an
Diese kam zu dem Ergebnis, dass bei dem schweren Krankheitsbild jeder Versuch, das Ergebnis zu verbessern, für die Familie wichtig und auch medizinisch jeder positive Impuls für das Kind zu begrüßen sei, weshalb sie auch ärztlich die Teilnahme am Förderprogramm des Naturheilzentrums empfehle. Auf diesem Attest hatte der zuständige Amtsarzt vermerkt: "Die Angaben werden amtsärztlich bestätigt". Das beklagte Finanzamt erkannte die Behandlungskosten nicht als außergewöhnliche Belastung an, da die knappe Äußerung des Amtsarztes kein "Gutachten" darstelle.
FG: Kläger haben ausreichenden Erforderlichkeitsnachweis erbracht
Das Finanzgericht hat der dagegen gerichteten Klage stattgegeben. Die Tochter der Kläger sei zwar mit wissenschaftlich nicht anerkannten Methoden behandelt worden, sodass der Nachweis der Erforderlich- beziehungsweise Zwangsläufigkeit nach § 64 EStDV in qualifizierter Form geführt werden müsse. Diese Anforderungen seien aber erfüllt.
Amtsärztliches Attest hat gleiche Qualität wie ein amtsärztliches Gutachten
Zwar enthalte der Wortlaut des § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStDV tatsächlich den Begriff "amtsärztliches Gutachten". Die Vorschrift ermächtige jedoch nicht nur den Amtsarzt, sondern in gleicher Weise auch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse, die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen bei unkonventionellen Behandlungsmethoden zu bestätigen. Hierfür müsse der medizinische Dienst nur eine "Bescheinigung" ausstellen. Vor diesem Hintergrund und mit Rücksicht auf Sinn, Zweck und historische Entwicklung der Vorschrift seien daher an das "Gutachten" des Amtsarztes in Bezug auf Form und Inhalt keine höheren Anforderungen als an eine "Bescheinigung" zu stellen.