Ab 2021 müssen viele Menschen keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen - für 2020 aber sehr wohl noch. Das hat das Finanzgericht Nürnberg am 29.07.2020 im Fall eines selbstständigen Ehepaars aus Bayern entschieden. Die beiden hielten die Vorauszahlung des Soli für dieses Jahr für verfassungswidrig. Der Bund der Steuerzahler (BdSt), der die Musterklage unterstützt, will prüfen, ob er Revision beim Bundesfinanzhof einlegt.
BdSt hält Erhebung des Solidaritätszuschlags seit Ende 2019 nicht mehr für gerechtfertigt
“Wir warten jetzt die Urteilsgründe ab“, sagte die Leiterin der Steuerabteilung des BdSt, Isabel Klocke. Diese sollen die Prozessbeteiligten nach Angaben des Gerichts in der kommenden Woche schriftlich erhalten. Der Verband sieht mit dem Auslaufen des Solidarpakts II Ende 2019 keine Rechtfertigung mehr für den Solidaritätszuschlag, der vor allem als Aufbauhilfe für Ostdeutschland dienen sollte. Ab 2021 sollen diesen nach einem Beschluss des Bundestages nur noch Spitzenverdiener zahlen müssen. Die Teil-Abschaffung steht jedoch in der Kritik.
Revision mit Blick auf die grundsätzliche Bedeutung zulässig
“Das Gericht hat die grundsätzliche Bedeutung erkannt“, sagte Klocke. Denn mit der Revision habe es den Weg vor eine höhere Instanz frei gemacht. Der Senat entschied sich allerdings dagegen, die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Dennoch gab das Gericht den Klägern teilweise Recht - wegen eines Rechenfehlers des Finanzamtes, wie eine Gerichtssprecherin erläuterte. Dieses hatte einige Änderungen nicht berücksichtigt, als es die Höhe der Vorauszahlung des Ehepaars festlegte.
FG Nürnberg, Urteil vom 29.07.2020 - 3 K 1098/19
Redaktion beck-aktuell, 30. Juli 2020 (dpa).
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Kube, Verfassungsrechtliche Problematik der fortgesetzten Erhebung des Solidaritätszuschlags, DStR 2017, 1792
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