Mehrere Flurstücke geerbt: Nur mit Familienheim bebautes Flurstück erbschaftsteuerbefreit

Der Übergang einer selbst bewohnten Immobilie ist von der Erbschaftsteuer befreit. Erbt jemand mehrere Flurstücke, so ist laut FG Niedersachsen nur das Flurstück befreit, das mit dem Familienheim bebaut ist – und zwar auch dann, wenn das Grundbuch die Flurstücke als ein Grundstück ausweist.

Ein Mann hatte durch Erbschaft sechs Flurstücke erworben. Fünf dieser Flurstücke waren nach § 890 BGB zusammengefasst als ein Grundstück im Grundbuch vereinigt. Das für die Bewertung des geerbten Grundbesitzes zuständige Finanzamt hatte drei der vereinigten Flurstücke in einem Bescheid zusammengefasst und für diese einen Gesamtwert festgestellt. In dem Bescheid erläuterte es gleichwohl, dass die Steuerbefreiung für das Familienheim nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG nur für das eine Flurstück zu gewähren sei, auf dem das Haus steht.

So sah es auch das für die Erbschaftsteuer zuständige Finanzamt. Es rechnete aus dem Gesamtwert den Wert des mit dem Einfamilienhaus bebauten Flurstücks heraus und gewährte nur hierfür die Steuerbefreiung. Dies passte dem Erben nicht. Er begehrte die Steuerbefreiung für den gesamten vom Bewertungsfinanzamt festgestellten Grundbesitzwert und zog vor Gericht.

FG hat eigene Sichtweise

Das Finanzgericht beschäftigte sich daraufhin mit der Frage, nach welchen Kriterien ein Familienheim zu bewerten ist. Dabei folgte es weder einer zivilrechtlichen Sichtweise, da das mit dem Haus bebaute Flurstück nicht einzeln, sondern mit weiteren Flurstücken vereinigt im Grundbuch eingetragen sei, noch der vom Bewertungsfinanzamt vorgenommenen Grundstücksbewertung, die mehrere Flurstücke umfasst.

Vielmehr habe das Erbschaftsteuerfinanzamt zu Recht nur das tatsächlich mit dem Familienheim bebaute Flurstück von der Steuer befreit. Dies folge aus der primären Anknüpfung des Erbschaftsteuerrechts an das Zivilrecht. Zudem sei es verfassungsrechtlich geboten, die Befreiungsnorm restriktiv auszulegen. Deswegen könne für die Steuerbefreiung nicht auf die wirtschaftliche Einheit im Sinne des Bewertungsrechts abgestellt werden. Stattdessen sei sie auf eine vorhandene katastermäßig kleinere Grundstücksfläche (und sollte diese nicht gegeben sein, gegebenenfalls auf eine Teilfläche) zu begrenzen.

Hintergrund sei eine mögliche Doppelbegünstigung naher Familienmitglieder durch hohe Freibeträge einerseits und die Freistellung des Familienheims andererseits. Personen mit großem Familienheim profitierten von der Befreiungsvorschrift nämlich in größerem Maße als beispielsweise Personen mit kleiner oder keiner Immobilie, weil die Freibeträge zusätzlich zur Steuerbefreiung des Familienheims gewährt würden.

BFH muss entscheiden

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das FG die Revision zugelassen. Diese hat der Erbe bereits eingelegt. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich der BFH zu der Frage positioniert. In einer Entscheidung aus dem Jahr 2021 konnte er die Bewertungsfrage noch offenlassen.

FG Niedersachsen, Urteil vom 12.07.2023 - 3 K 14/23

Redaktion beck-aktuell, Miriam Montag, 22. September 2023.