FG Niedersachsen: Dienststelle ist "erste Tätigkeitsstätte" eines Polizeibeamten im Streifendienst

Streifenpolizisten begründen an ihrer Dienststelle (Polizeirevier) eine erste Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 EStG. Dies hat das Finanzgericht Niedersachsen mit Urteil vom 24.04.2017 entschieden. Dies habe zur Folge, dass Fahrtkosten vom Wohnort zur Dienststelle nur in Höhe der Entfernungspauschale abziehbar sind und Mehraufwendungen für Verpflegung bei dienstbedingter Auswärtstätigkeit eine ununterbrochene Abwesenheit von mindestens acht Stunden von der Dienststelle erfordern. Das FG hat die Revision zugelassen (Az.: 2 K 168/16).

Streifenpolizist begehrt höheren Fahrkostenabzug und Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei Auswärtstätigkeit

Der Kläger war seit 2004 als Polizeibeamter im Streifendienst tätig. Er war Angehöriger einer Polizeiinspektion, die er arbeitstäglich zur Entgegennahme und Abgabe des Einsatzfahrzeugs, für Einsatzbesprechungen sowie zur Erledigung von Schreibarbeiten aufsuchte. Mit Hinweis auf das neue Reisekostenrecht lehnte das beklagte Finanzamt im Streitjahr 2014 die vom Kläger geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen für die Tage seiner Einsatztätigkeit im Streifendienst ab. Das Finanzamt ging dabei von einer dauerhaften Zuordnung zur Dienststelle und damit von einer ersten Tätigkeitsstätte des Klägers aus und versagte den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen bei Auswärtstätigkeit, weil der Kläger keinen Nachweis für seine ununterbrochene Abwesenheit von der Dienststelle erbracht hatte. Fahrtkosten zum Polizeirevier berücksichtigte das Finanzamt nur in Höhe der Entfernungspauschale.

Alte Rechtslage

Zu der bis 2013 geltenden Rechtslage war der Bundesfinanzhof der Auffassung, dass Polizeibeamte, die im Streifendienst tätig sind, typischerweise nicht über eine "regelmäßige Arbeitsstätte" (so der alte Begriff) verfügten. Sie konnten daher die Fahrtkosten zum Polizeirevier nach Dienstreisekostengrundsätzen (0,30 Euro pro gefahrenem Kilometer) berechnen und - bei dienstbedingter Auswärtstätigkeit mit Abwesenheit vom Wohnort - Mehraufwendungen für Verpflegung geltend machen.

Neue Rechtslage

Fraglich war, ob dies auch noch nach dem neuen seit 2014 geltenden Reisekostenrecht gilt. Danach sind Fahrtkosten zwischen dem Wohnort und der "ersten Tätigkeitsstätte" (neuer gesetzlicher Begriff in § 9 Abs. 4 EStG) auf die sogenannte Entfernungspauschale (0,30 Euro pro Entfernungskilometer) begrenzt. Begründet das neue Reisekostenrecht ferner eine erste Tätigkeitsstätte für Steuerpflichtige, die nach der alten Rechtslage über keine regelmäßige Arbeitsstätte verfügten, kommt es für den Abzug von Mehraufwendungen für Verpflegung zusätzlich darauf an, dass der Steuerpflichtige im Rahmen der dienstbedingten Auswärtstätigkeit nicht nur von seinem Wohnort, sondern auch von der nunmehr vorhandenen ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist.

FG: Dienststelle "erste Tätigkeitsstätte" des Polizeibeamten

Das FG hat dem Finanzamt Recht gegeben. Nach seiner Ansicht begründet die unbefristete Zuordnung eines Polizeibeamten im Streifendienst zu seiner Dienststelle und die dortige Vornahme von Hilfs- und/oder Nebentätigkeiten eine "erste Tätigkeitsstätte". Suche der Polizeibeamte das Polizeirevier, dem er dienstrechtlich zugeordnet ist, arbeitstäglich auf und verrichte der Polizeibeamte im Polizeirevier auch den Streifendienst vorbereitende und ergänzende Tätigkeiten wie etwa Einsatzbesprechungen und Schreibarbeiten, so seien diese Neben- oder Hilfstätigkeiten ausreichend für die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte. Nach diesen Grundsätzen habe dem klagenden Polizeibeamten für Fahrten zwischen Wohnort und erster Tätigkeitsstätte nur die Entfernungspauschale zugestanden, während für den Abzug von Mehraufwendungen für Verpflegung eine ununterbrochene Abwesenheit von acht Stunden von der ersten Tätigkeitsstätte für die Dauer der gesetzlich festgelegten Zeiträume zu belegen gewesen sei.

Redaktion beck-aktuell, 12. Mai 2017.

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