FG Niedersachsen: Betrieb des Entleihers ist nicht erste Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers

Im Rahmen des seit 2014 geltenden neuen Reisekostenrechts sind Fahrtkosten zwischen dem Wohnort und der "ersten Tätigkeitsstätte" im Sinne von § 9 Abs. 4 EStG (neuer gesetzlicher Begriff) auf die sogenannte Entfernungspauschale (0,30 Euro pro Entfernungskilometer) begrenzt. In diesem Zusammenhang hat das Finanzgericht Niedersachsen in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 30.11.2016 entschieden, dass der Betrieb des Entleihers keine erste Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers darstellt und damit Leiharbeitnehmer weiterhin die Fahrkosten nach den günstigeren Dienstreisekostengrundsätzen (0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer) geltend machen können. Die Revision zum Bundesfinanzhof wurde zugelassen (Az.: 9 K 130/16).

Leiharbeiter war ganzjährig bei einem Entleihbetrieb tätig

Bislang besagte die höchstrichterliche Finanzrechtsprechung, dass Leiharbeitnehmer typischerweise nicht über eine regelmäßige Arbeitsstätte (so der bisherige Begriff) verfügen und daher die Fahrtkosten zu dem Entleihbetrieb nach Dienstreisekostengrundsätzen (0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer) berechnen können. Umstritten ist jetzt, ob dies auch noch nach dem neuen Reisekostenrecht gilt. Im zugrunde liegenden Streitfall war der Kläger ganzjährig im Streitjahr 2014 für einen Entleihbetrieb tätig.

Finanzamt gewährte nur Abzug der Entfernungspauschale

Den mit der Einkommensteuererklärung 2014 beantragten Werbungskostenabzug von Aufwendungen für Fahrten zwischen der Wohnung und dem Entleihbetrieb in Höhe von 0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer beanstandete das Finanzamt und ließ unter Hinweis auf das neue Reisekostenrecht nur den Abzug der Entfernungspauschale zu. Die Finanzbehörde ging dabei von einer dauerhaften Zuordnung zum Entleihbetrieb und damit von einer ersten Tätigkeitsstätte des Leiharbeitnehmers aus.

FG verneint erste Tätigkeitsstelle beim Entleihbetrieb

Dem ist der Neunte FG-Senat entgegen getreten und gab dem Kläger Recht. Die Zuweisung des Leiharbeitsgebers, "bis auf Weiteres" in einer betrieblichen Einrichtung des Entleihers tätig zu sein, könne nicht als unbefristet im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 3 1. Alt.EStG angesehen werden. Das Gericht widersprach damit der Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 24.10.2014 (in BeckVerw 290850).

Bei Leiharbeitsverhältnissen keine dauerhafte Zuordnung zu einem Entleihbetrieb möglich

Ferner ging das Gericht davon aus, dass aufgrund der gesetzlichen Beschränkung der Arbeitnehmerüberlassung bereits aus Rechtsgründen bei Leiharbeitsverhältnissen keine dauerhafte Zuordnung zu einem Entleihbetrieb denkbar sei. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sei nur eine vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung zulässig, so das Gericht. Von den Auswirkungen der Entscheidung sind fast eine Million Leiharbeitnehmer in Deutschland betroffen.

FG Niedersachsen, Urteil vom 30.11.2016 - 9 K 130/16

Redaktion beck-aktuell, 17. Januar 2017.