Vorbehaltene Zins- und Tilgungsleistungen mindern Wert eines Nießbrauchrechts

Bei einer Grundstücksübertragung gegen Vorbehaltsnießbrauch mindern die vom Nießbraucher weiterhin zu tragenden Zins- und Tilgungsleistungen den nach § 10 Abs. 5 ErbStG zu berücksichtigenden Wert des Nießbrauchrechts. Dies stellt das Finanzgericht Münster klar. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Mutter blieb persönliche Schuldnerin

Der Kläger hatte von seiner Mutter deren vermieteten Grundbesitz geschenkt bekommen, wobei sich seine Mutter ein lebenslängliches und unentgeltliches Nießbrauchrecht vorbehalten hatte. Die auf dem Grundbesitz lastenden Verbindlichkeiten übernahm der Kläger nur mit dinglicher Wirkung. Persönliche Schuldnerin blieb seine Mutter, die die Zins- und Tilgungszahlungen für die Verbindlichkeiten weiter leistete.

Kläger zog Nießbrauch erwerbsmindernd ab

In seiner Schenkungsteuererklärung zog der Kläger den Nießbrauch erwerbsmindernd ab. Das Finanzamt war der Auffassung, dass das Nießbrauchrecht zwar grundsätzlich abzugsfähig sei, bei der Ermittlung des abzuziehenden Betrages aber die weiterhin von der Mutter des Klägers zu leistenden Zins- und Tilgungszahlungen zu berücksichtigen seien. Deshalb sei der Nießbrauch nur mit einem entsprechend niedrigeren Wert abzugsfähig, wodurch sich der zu zahlende Steuerbetrag entsprechend erhöhte.

Jahreswert im Wege der Schätzung zu ermitteln

Der hiergegen erhobenen Klage hat das FG Münster stattgegeben. Die Kapitalisierung des gemäß § 10 Abs. 5 ErbStG erwerbsmindernd zu berücksichtigenden Nießbrauchs erfolge gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 BewG mit dem Vielfachen des Jahreswerts. Der Jahreswert des Nießbrauchs an einem Grundstück umfasse die Nutzungen des Grundbesitzes, die der Nießbraucher zu ziehen berechtigt sei. Dieser Jahreswert sei im Wege der Schätzung zu ermitteln, wobei von den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung auszugehen sei und die vom Nießbraucher zu tragenden Aufwendungen abzuziehen seien.

Kläger weder rechtlich noch tatsächlich belastet

Im Streitfall sei der Kläger durch die Verbindlichkeiten und die damit verbundenen Zins- und Tilgungsleistungen weder rechtlich noch tatsächlich belastet gewesen, so das FG. Der Kläger habe durch die Zins- noch durch die Tilgungsleistungen seitens der Schenkerin auch nicht bereits zum Zeitpunkt der Grundbesitzübertragung bereichert sein können.

FG Münster, Urteil vom 27.08.2020 - 3 K 722/16 Erb

Redaktion beck-aktuell, 2. Oktober 2020.