Nutzungsersatz für Zins- und Tilgungsleistungen führt zu Kapitaleinkünften

Wird ein Verbraucher-Darlehensvertrag wegen fehlender Belehrung widerrufen, führt ein für bereits erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen von der Bank an den Darlehensnehmer gezahlter Nutzungsersatz bei diesem zu steuerbaren Kapitalerträgen. Die Entschädigungsleistung sei in solchen Fällen wie der Ertrag bei einer verzinslichen Wertanlage zu behandeln, entschied das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 13.01.2022.

Kläger widerriefen Wohnungsbaudarlehen

Die Kläger nahmen im Jahr 2004 ein Wohnungsbaudarlehen bei einer Bank auf und erbrachten zehn Jahre lang Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von insgesamt rund 110.000 Euro. Im Jahr 2015 widerriefen sie den Darlehensvertrag unter Verweis auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Daraufhin verklagten die Kläger die Bank auf Zahlung eines Betrages in Höhe von etwa 77.000 Euro, den sie aus der Differenz zwischen den an die Bank geleisteten Zahlungen und dem Rückzahlungsanspruch, jeweils zuzüglich Zinsen, errechneten.

Finanzamt besteuerte Entschädigung für Nutzung der Zins- und Tilgungsleistungen

Die Parteien dieses Streits einigten sich vor Gericht auf eine Entschädigungszahlung der Bank in Höhe von 15.000 Euro für die Nutzung der Zins- und Tilgungsleistungen abzüglich etwa anfallender Kapitalertragsteuer. Die Bank unterwarf diesen Betrag dem Kapitalertragsteuerabzug und zahlte lediglich die Differenz an die Kläger aus. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung gaben die Kläger an, dass es sich hierbei nicht um Kapitalerträge, sondern um die Rückzahlung von Zinsen und Tilgungen handele. Zudem hätten die Kläger insgesamt keinen Überschuss erwirtschaftet, sondern im Ergebnis lediglich geringere Zinsen gezahlt. Dem folgte das Finanzamt nicht und behandelte die Entschädigungsleistung als Kapitaleinnahme.

FG: Entschädigungszahlung ist steuerbarer Kapitalertrag

Das Finanzgericht hat die hiergegen erhobene Klage unter Zulassung der Revision abgewiesen. Die Entschädigungszahlung der Bank stelle einen steuerbaren Kapitalertrag dar. Das Darlehensverhältnis habe sich durch den Widerruf in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt, mit der Folge, dass die wechselseitigen Rückgewähransprüche der Vertragsparteien grundsätzlich unabhängig nebeneinanderstünden. Dabei stelle der Nutzungsersatz für die von den Klägern erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen ein Entgelt für eine Kapitalüberlassung dar. Dies entspreche auch der zivilrechtlichen Wertung, wonach der Verbraucher so gestellt werde, als habe er eine verzinsliche Wertanlage getätigt. Da die wechselseitigen Ansprüche nicht gegeneinander aufgerechnet werden dürften, stehe der Besteuerung nicht entgegen, dass die Kläger aus dem Widerruf per Saldo keinen Überschuss erzielt hätten. Schließlich sei unerheblich, dass es sich nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen gehandelt habe, da auch einmalige Leistungen als Einnahmen aus Kapitalvermögen erfasst würden.

FG Münster, Urteil vom 13.01.2022 - 3 K 2991/19 E

Redaktion beck-aktuell, 15. Februar 2022.