FG: Keine Übertragung der BVerfG-Rechtsprechung auf Aussetzungszinsen
In beiden Fällen wollten die Steuerpflichtigen den zur Höhe von Nachzahlungszinsen von ebenfalls 0,5% pro Monat ergangenen Beschluss des BVerfG vom 08.07.2021 (BeckRS 2021, 22358) auf die für die Dauer der Aussetzung der Vollziehung zu zahlenden Zinsen übertragen. In diesem Beschluss hatte das BVerfG aufgrund der Niedrigzinsphase die Höhe der Nachzahlungszinsen ab 2014 für verfassungswidrig, das Gesetz aber erst ab 2019 für unanwendbar erklärt. Die Steuerpflichtigen scheiterten vor dem 6. Senat in einem Klageverfahren (BeckRS 2023, 5856) bzw. vor dem 3. Senat in einem Eilverfahren. Beide Senate lehnten eine Übertragung der BVerfG-Rechtsprechung auf Aussetzungszinsen ab.
Aussetzungszinsen für Steuerpflichtigen vermeidbar
Das BVerfG habe ausdrücklich darauf abgestellt, dass Nachzahlungszinsen durch eine verzögerte Bearbeitung der Finanzämter anfallen könnten, ohne dass der Steuerpflichtige hierauf Einfluss nehmen könne, so das FG. Demgegenüber bestehe anstelle der Aussetzung der Vollziehung die Möglichkeit, den streitigen Steuerbetrag – gegebenenfalls über die Beschaffung eines zinsgünstigen Kredits – zu bezahlen und damit die Aussetzungszinsen zu vermeiden. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zu Steuerschuldnern, bei denen keine Aussetzungszinsen anfallen, liege aufgrund dieser bewussten Entscheidung nicht vor. Der 3. Senat habe seine ablehnende Entscheidung zusätzlich darauf gestützt, dass das im Aussetzungsverfahren wegen verfassungsrechtlicher Zweifel erforderliche besondere Aussetzungsinteresse fehle, denn weder habe das BVerfG Aussetzungszinsen oder einen vergleichbaren Tatbestand für nichtig erklärt, noch drohten dem Antragsteller irreparable Nachteile aus der Verzinsung. Gegen das Urteil des 6. Senats ist die Revision beim BFH (Az.: EIN 298/23) anhängig.