Für 2013 keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Abzinsungssatz für Verbindlichkeiten

Nach Ansicht des Finanzgerichts Münster bestehen jedenfalls für das Jahr 2013 keine verfassungsrechtlichen Zweifel am Abzinsungssatz von 5,5% für Verbindlichkeiten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG. Es hat daher einen Aussetzungsantrag abgelehnt, aber mit Blick auf eine abweichende Entscheidung des Finanzgerichts Hamburg die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Verbindlichkeit aus unverzinslichem Gesellschafterdarlehen abgezinst

Die Antragstellerin, eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), wies in ihrer Bilanz für das Streitjahr 2013 ein unverzinsliches Darlehen ihres Gesellschafters als Verbindlichkeit mit dem Nennwert aus. Das Finanzamt nahm demgegenüber eine Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG vor, was im Körperschaftsteuer- und im Gewerbesteuermessbescheid zu einer entsprechenden Gewinnerhöhung führte. Hiergegen legte die Antragstellerin Einspruch ein, den sie mit der Verfassungswidrigkeit des Abzinsungssatzes aufgrund der lang andauernden Niedrigzinsphase begründete.

Erneuten Aussetzungsantrag gestellt

Zugleich beantragte sie die Aussetzung der Vollziehung. Bereits im Oktober 2018 lehnte das FG den Aussetzungsantrag ab. Daraufhin wies das Finanzamt die Einsprüche als unbegründet zurück. Über die hiergegen erhobene Klage ist noch nicht entschieden. Mit ihrem erneuten Aussetzungsantrag verwies die Antragstellerin auf einen in einem vergleichbaren Fall ergangenen stattgebenden Beschluss des Finanzgerichts Hamburg vom Januar 2019 (BeckRS 2019, 1156).

FG: Verfassungsmäßigkeit des Abzinsungssatzes jedenfalls für 2013 nicht ernstlich zweifelhaft

Das FG (BeckRS 2021, 12310) hat diesen Aussetzungsantrag abgelehnt. Der erneute Antrag sei zwar zulässig, da der Beschluss des Finanzgerichts Hamburg einen veränderten rechtlichen Umstand darstelle, der nach § 69 Abs. 6 FGO eine erneute Überprüfung ermögliche. Der Antrag sei jedoch unbegründet, da jedenfalls für das Streitjahr 2013 weiterhin keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Abzinsungssatzes von 5,5 % bestehen. Da die Abzinsung der Verbindlichkeit die Gewinne der folgenden Jahre der Restlaufzeit durch eine gegenläufige Aufzinsung mindere, bewirke § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG lediglich eine temporäre Gewinnverschiebung. Diese sei im Hinblick auf den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) am Maßstab der Willkürkontrolle zu überprüfen. Der typisierende Zinssatz von 5,5% liege für das Streitjahr 2013 noch nicht so weit vom Marktzins entfernt, dass unter Berücksichtigung von Praktikabilitätsgesichtspunkten und Verwaltungsvereinfachungsgründen ein Verstoß gegen dieses Willkürverbot vorliege.

Weniger strenge verfassungsrechtliche Maßstäbe anzulegen als bei Zinssatz für Nachzahlungszinsen

Der Auffassung des FG Hamburg (BeckRS 2019, 1156), das die verfassungsrechtlichen Zweifel am Zinssatz von 6% für Nachzahlungszinsen nach § 233a AO auf den Abzinsungssatz nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG übertrage, ist der 13. Senat des Finanzgerichts Münster nicht gefolgt. Wegen der lediglich temporären Belastung seien weniger strenge verfassungsrechtliche Maßstäbe anzulegen. Der Senat hat allerdings im Hinblick auf die abweichende Rechtsprechung des FG Hamburg nachträglich die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen. Sie ist dort unter dem Aktenzeichen XI B 44/21 anhängig. 

FG Münster, Beschluss vom 05.05.2021 - 13 V 505/21

Redaktion beck-aktuell, 15. Juni 2021.