FG Münster: Besteuerung von “Drittstaateneinkünften“ muss DBA mit Quellenstaat berücksichtigen

Das Besteuerungsrecht für “Drittstaateneinkünfte“ darf nicht ohne Rücksicht auf die Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) mit dem Quellenstaat (Drittstaat) ausgeübt werden. Sofern der Bundesrepublik Deutschland danach kein Besteuerungsrecht für die betroffenen Einkünfte zusteht und der Quellenstaat sein Besteuerungsrecht an einen anderen Staat weiterreicht, findet die innerstaatliche Rückfallklausel des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG keine Anwendung, wenn die Einkünfte in dem Quellenstaat jedenfalls an sich der beschränkten Steuerpflicht unterliegen. Dies hat das Finanzgericht Münster mit Urteil vom 01.07.2018 entschieden (Az.: 1 K 42/18 E).

Sachverhalt

Der Kläger wohnte in den Streitjahren zusammen mit seiner ebenfalls klagenden Ehefrau hauptsächlich in Deutschland, arbeitete in der Schweiz und bezog in Frankreich eine Zweitwohnung, von der aus er arbeitstäglich seine Arbeitsstätte in der Schweiz aufsuchte. Zwischen allen drei Staaten (Deutschland-Schweiz, Deutschland-Frankreich und Schweiz-Frankreich) bestehen Doppelbesteuerungsabkommen. Der auf die Tätigkeit in der Schweiz entfallende Arbeitslohn wurde in Frankreich besteuert. Die Schweiz besteuerte den Arbeitslohn aufgrund der Grenzgänger-Regelung des DBA Schweiz-Frankreich nicht. In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre behandelten die Kläger den Arbeitslohn als in Deutschland steuerfrei. Der Beklagte folgte dem nicht, sondern bezog den Arbeitslohn in die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuerfestsetzungen mit ein.

FG: Innerstaatliche Rückfallklausel vorliegend nicht anwendbar

Das Finanzgericht hat der dagegen erhobenen Klage stattgegeben. Die innerstaatliche Rückfallklausel des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG sei vorliegend nicht anwendbar, da Einkünfte, die aus einer in der Schweiz ausgeübten Tätigkeit resultieren, in der Schweiz beschränkt steuerpflichtig sind. Der Umstand, dass die Schweiz ihr Besteuerungsrecht für diese Einkünfte aufgrund des mit Frankreich abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens an Frankreich “weitergeleitet“ habe, erfülle nicht die Voraussetzungen der Rückfallklausel.

Besteuerungsrecht darf nicht ohne Rücksicht auf das DBA ausgeübt werden

Im Hinblick darauf, dass der Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis zu Frankreich ein Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn zustehe, könne Deutschland dieses Besteuerungsrecht nicht ohne Rücksicht auf das mit der Schweiz abgeschlossene DBA ausüben. Da Deutschland das Besteuerungsrecht für den in der Schweiz erzielten Arbeitslohn der Schweiz zugewiesen habe, könne sich Deutschland gegenüber Frankreich nicht darauf berufen, dass ihm ein Besteuerungsrecht für Drittstaateneinkünfte zustehe. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitfrage hat das Gericht die Revision zugelassen.

FG Münster, Urteil vom 01.07.2018 - 1 K 42/18 E

Redaktion beck-aktuell, 4. September 2018.

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