FG Müns­ter: An­scheins­be­weis pri­va­ter Pkw-Nut­zung kann bei Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten durch wei­te­re pri­va­te Fahr­zeu­ge der Ge­sell­schaf­ter er­schüt­tert wer­den

Der für die Pri­vat­nut­zung eines im Be­triebs­ver­mö­gen einer Per­so­nen­ge­sell­schaft ge­hal­te­nen Pkw spre­chen­de An­scheins­be­weis kann durch wei­te­re Fahr­zeu­ge im Pri­vat­ver­mö­gen der Ge­sell­schaf­ter er­schüt­tert wer­den. Dies hat das Fi­nanz­ge­richt Müns­ter mit Ur­teil vom 21.03.2018 ent­schie­den (Az.: 7 K 388/17 G,U,F).

GmbH & Co. KG hielt im Be­triebs­ver­mö­gen einen BMW X3

Die Klä­ge­rin - eine GmbH & Co. KG - hielt im Be­triebs­ver­mö­gen einen BMW X3, den un­strei­tig ver­schie­de­ne Ar­beit­neh­mer für Tech­ni­ker­ein­sät­ze, Bo­ten­gän­ge, Aus­lie­fe­run­gen und als Er­satz­fahr­zeug nutz­ten. Ein Fahr­ten­buch wurde für das Fahr­zeug nicht ge­führt. An der Klä­ge­rin waren drei Kom­man­di­tis­ten (ein Vater und zwei Söhne) be­tei­ligt.

Ge­sell­schaf­ter ver­füg­ten über ver­schie­de­ne ei­ge­ne Fahr­zeu­ge

Dem Vater, der mit sei­ner Ehe­frau in un­mit­tel­ba­rer Nähe zum Be­triebs­ge­län­de lebt, stan­den im Streit­zeit­raum zu­nächst ein Mer­ce­des S 420 und da­nach ein BMW 750 Ld zur Ver­fü­gung. Seine Ehe­frau fuhr - bis sie ge­sund­heits­be­dingt nicht mehr in der Lage war, ein Fahr­zeug zu füh­ren - einen BMW Z4. Einer der bei­den Söhne wohnt unter der­sel­ben Adres­se wie seine El­tern und ist ledig. Ihm stand wäh­rend des ge­sam­ten Streit­zeit­raums ein BMW 320d Tou­ring zur Ver­fü­gung, den er zu­nächst al­lei­ne nutz­te und spä­ter mit den an­de­ren Fa­mi­li­en­mit­glie­dern teil­te. Ab die­sem Zeit­punkt nutz­te er zu­sätz­lich einen BMW Z4. Der an­de­re Sohn lebt mit sei­ner Fa­mi­lie etwa sie­ben Ki­lo­me­ter vom Be­triebs­ge­län­de der Klä­ge­rin ent­fernt. Er nutz­te einen BMW 530d Tou­ring und seine Ehe­frau zu­nächst einen Opel Corsa und spä­ter einen Ci­tro­ën C3.

Fi­nanz­amt be­rück­sich­tig­te für BMW X3 pri­va­ten Nut­zungs­an­teil nach 1%-Re­ge­lung

Das Fi­nanz­amt setz­te für den BMW X3 einen Pri­vat­nut­zungs­an­teil an, den es so­wohl für Zwe­cke der Er­trag­steu­ern als auch für die Um­satz­steu­er nach der so­ge­nann­ten 1%-Re­ge­lung be­rech­ne­te. Da­ge­gen wand­te sich die Klä­ge­rin mit der Be­grün­dung, dass allen Ge­sell­schaf­tern aus­rei­chend Fahr­zeu­ge zur Ver­fü­gung ge­stan­den hät­ten, die dem Be­triebs­fahr­zeug in Sta­tus und Ge­brauchs­wert zu­min­dest ver­gleich­bar seien. Die Ehe­frau­en hät­ten die den Ge­sell­schaf­tern für pri­va­te Fahr­ten zur Ver­fü­gung ste­hen­den Fahr­zeu­ge nicht ge­nutzt.

FG: An­scheins­be­weis spricht zwar für pri­va­te Nut­zung

Das FG hat der Klage statt­ge­ge­ben. Zwar ent­spre­che es grund­sätz­lich der all­ge­mei­nen Le­bens­er­fah­rung, dass ein be­trieb­li­ches Kraft­fahr­zeug, das zum pri­va­ten Ge­brauch ge­eig­net sei und zur Ver­fü­gung stehe, auch pri­vat ge­nutzt wird. Dies gelte auch für ein Fahr­zeug des Typs BMW X3, bei dem es sich um ein kom­pak­tes Sport- und Nutz­fahr­zeug mit einem einer Li­mou­si­ne ähn­li­chen Fahr­kom­fort han­de­le und das an das Er­schei­nungs­bild eines Ge­län­de­wa­gens an­ge­lehnt sei.

An­scheins­be­weis aber er­schüt­tert – Ge­sell­schaf­ter stan­den für pri­va­te Fahr­ten ver­gleich­ba­re Fahr­zeu­ge zur Ver­fü­gung

Das FG war aber davon über­zeugt, dass der BMW X3 tat­säch­lich nicht pri­vat ge­nutzt wor­den ist. Die Klä­ge­rin habe den für eine Pri­vat­nut­zung spre­chen­den An­scheins­be­weis er­schüt­tert. Denn den Kom­man­di­tis­ten hät­ten im Streit­zeit­raum in Sta­tus und Ge­brauchs­wert zu­min­dest ver­gleich­ba­re Fahr­zeu­ge zur Ver­fü­gung ge­stan­den. Bei den Fahr­zeu­gen Mer­ce­des S 420, BMW 750 Ld und BMW 530d Tou­ring han­de­le es sich um ge­räu­mi­ge Mo­del­le der Mit­tel- und Ober­klas­se. Auch der BMW 320d Tou­ring - ein Mo­dell der Mit­tel­klas­se - biete auf­grund sei­nes La­de­vo­lu­mens als Kom­bili­mou­si­ne eine hohe Funk­tio­na­li­tät. So­weit dem le­di­gen Sohn die­ses Fahr­zeug nicht wäh­rend des ge­sam­ten Streit­zeit­raums un­ein­ge­schränkt zur Ver­fü­gung ge­stan­den habe, sei zu be­rück­sich­ti­gen, dass er zu­sätz­lich einen BMW Z4 nut­zen konn­te. Die­ses Fahr­zeug weise als Roads­ter zwar einen ein­ge­schränk­ten Ge­brauchs­wert auf. Da der Sohn aber unter der­sel­ben Adres­se wie seine El­tern wohn­te, sei an­zu­neh­men, dass er im Be­darfs­fall auf ein ge­räu­mi­ges Fahr­zeug sei­nes Va­ters habe zu­grei­fen kön­nen. Glei­ches gelte für die Mut­ter für die Zeit­räu­me, in denen sie noch ein Fahr­zeug füh­ren konn­te. Dass die 7 km vom Be­triebs­ge­län­de ent­fernt le­ben­de Ehe­frau des ver­hei­ra­te­ten Kom­man­di­tis­ten auf den be­trieb­li­chen X3 zu­ge­grif­fen hat, ent­spre­che nicht der all­ge­mei­nen Le­bens­er­fah­rung.

FG Münster, Urteil vom 21.03.2018 - 7 K 388/17 G,U,F

Redaktion beck-aktuell, 23. April 2018.

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