Verrechnung von Kindergeld mit Sozialhilfe nur bei konkretisiertem sozialhilferechtlichem Erstattungsanspruch

Die Familienkassen dürfen versehentlich ausgezahltes Kindergeld nicht mehr zurückfordern, wenn der Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers (hier: Jobcenter) bei der Kindergeldauszahlung noch nicht ausreichend konkretisiert war. Dies hat das Finanzgericht Köln entschieden. Gegen das Urteil ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen III B 141/20 die Nichtzulassungsbeschwerde anhängig.

Familienkasse forderte Kindergeld von Sozialhilfebezieherin zurück

Die Klägerin ist Mutter von vier minderjährigen Kindern. Sie bezog Sozialhilfe für sich und ihre Familie. Ende Dezember 2015 beantragte sie Kindergeld für ihre Kinder. Vor der Festsetzung des Kindergeldes machte das Jobcenter bei der Familienkasse im Weg der Verrechnung einen nicht näher bezifferten Erstattungsanspruch wegen der bereits an die Klägerin und ihre Familie gewährten Sozialhilfeleistungen geltend. Die Familienkasse setzte das Kindergeld fest und zahlte es an die Klägerin aus. Dabei ließ sie den Erstattungsanspruch versehentlich unberücksichtigt. Im Juni 2019 forderte die Familienkasse das ausgezahlte Kindergeld in Höhe von knapp 8.700 Euro von der Klägerin zurück. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage.

FG: Erstattungsanspruch hätte bei Kindergeld-Auszahlung konkretisiert sein müssen

Die Klage hatte Erfolg. Das FG hob den Rückforderungsbescheid auf. Die Familienkasse habe keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kindergeldes. Die Verrechnung des Kindergeldes mit Sozialhilfeleistungen sei nur zulässig, wenn der vom Jobcenter geltend gemachte Erstattungsanspruch konkretisiert sei. Dies sei im Zeitpunkt der Auszahlung des Kindergeldes nicht der Fall gewesen. Die Familienkasse habe wegen der fehlenden Konkretisierung des Erstattungsanspruchs nicht gewusst, auf welche Höhe und auf welchen Zeitraum sich der Erstattungsanspruch beziehe. Die nähere Bezifferung und zeitliche Zuordnung des Anspruchs sei erst Jahre nach der Auszahlung des Kindergeldes erfolgt.

FG Köln, Urteil vom 17.09.2020 - 10 K 308/19

Redaktion beck-aktuell, 10. Juni 2021.