Unionsrechtswidrig einbehaltene Steuern sind mit 6% zu verzinsen
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Ein zu Unrecht unter Berufung auf unionsrechtswidrige Vorschriften versagter Steuererstattungsanspruch ist mit 6% zu verzinsen. Dies hat das Finanzgericht Köln entschieden. Das Bundeszentralamt für Steuern hat gegen das Urteil die vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Frage zum Beginn des Zinslaufs bei der Kapitalertragsteuererstattung zugelassene Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt.

Bundeszentralamt lehnte Erstattungszinsen ab

Die Klägerin ist eine in Österreich ansässige Gesellschaft. Sie stellte in den Jahren 2009 bis 2012 beim Bundeszentralamt für Steuern in Bonn (BZSt) verschiedene Anträge auf Freistellung und Erstattung von deutscher Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag. Diese Anträge wurden zunächst unter Hinweis auf die Vorschrift des § 50d Abs. 3 EStG abgelehnt. Die hiergegen gerichteten Einsprüche hatten Mitte 2018 Erfolg und führten zu Steuererstattungen, nachdem der EuGH die Unvereinbarkeit des § 50d Abs. 3 EStG mit dem Unionsrecht festgestellt hatte. Im Anschluss beantragte die Klägerin zusätzlich die Festsetzung von Erstattungszinsen. Das Bundeszentralamt lehnte eine Verzinsung ab. Nachdem es über den hiergegen eingelegten Einspruch unter Verweis auf Erörterungen der Finanzverwaltung auf Bund-/Länderebene nicht entschieden hatte, wandte sich die Klägerin nach knapp 20 Monaten mit einer Untätigkeitsklage an das FG Köln.

FG: Unionrechtlicher Verzinsungsanspruch - Allgemeine AO-Verzinsungsgrundsätze anzuwenden

Die Klage hatte Erfolg. Der Klägerin stehe ein unmittelbar aus dem EU-Recht begründeter Anspruch auf Verzinsung der unionsrechtswidrig einbehaltenen Kapitalertragsteuer in Höhe von 0,5% pro Monat (entsprechend 6% pro Jahr) zu. Da der deutsche Gesetzgeber diese Fälle nicht spezialgesetzlich geregelt habe, sei auf die allgemeinen Verzinsungsgrundsätze der Abgabenordnung zurückzugreifen. Der Zinslauf beginne dabei regelmäßig an dem Tag der zu Unrecht geleisteten Abgabenzahlung. Sofern Steuerpflichtige für die Kapitalertragsteuer das gesetzlich vorgesehene Freistellungsverfahren nicht in Anspruch genommen hätten, sei dem Bundeszentralamt vor dem Beginn der Verzinsung allerdings in entsprechender Anwendung der vom BFH für den Bereich der Energiesteuerentlastung herausgearbeiteten Grundsätze (BeckRS 2019, 42883) ein angemessener Zeitraum von vier Monaten und zehn Arbeitstagen für die Bearbeitung des Erstattungsantrages zuzubilligen. Das FG hat mit Blick auf die Anwendung dieser Grundsätze allerdings wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen, die beim BFH unter dem Aktenzeichen I R 50/21 anhängig ist.

FG Köln, Urteil vom 17.11.2021 - 2 K 1544/20

Redaktion beck-aktuell, 25. Januar 2022.