EuGH soll Voraussetzungen für Erstattung von Kapitalertragsteuer bei "Streubesitzdividenden" klären

Der Europäische Gerichtshof soll Fragen zur Unionsrechtskonformität der in § 32 Abs. 5 KStG aufgestellten Anforderungen für die Erstattung von Kapitalertragsteuer bei "Streubesitzdividenden" klären. Dies hat das Finanzgericht Köln beschlossen. Es äußert unter anderem Zweifel an der Vereinbarkeit mit der Kapitalverkehrsfreiheit.

Kapitalertragsteuer für "Streubesitzdividenden" abgeführt

Die Klägerin ist eine in Großbritannien ansässige Kapitalgesellschaft, die zu weniger als 6% an einer deutschen Tochtergesellschaft beteiligt war. 100%iger Anteilseigner der Klägerin war eine börsennotierte ausländische Kapitalgesellschaft. Die Klägerin hatte von ihrer Tochtergesellschaft Gewinnausschüttungen erhalten, für die Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag einbehalten und abgeführt wurden.

Kapitalertragsteuer nur anteilig erstattet

Das Bundeszentralamt für Steuern gewährte der Klägerin nur eine anteilige Erstattung der Kapitalertragsteuer gemäß § 50d Abs. 1 EStG in Verbindung mit dem einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen. Die darüber hinausgehende Erstattung der Kapitalertragsteuer lehnte es mit der Begründung ab, dass die Klägerin die hierfür gemäß § 32 Abs. 5 KStG erforderlichen Nachweise nicht erbracht habe.

Voraussetzungen für Erstattung von Kapitalertragsteuer bei "Streubesitzdividenden"

§ 32 Abs. 5 S. 2 Nr. 5 KStG setzt für die weitergehende Erstattung der Kapitalertragsteuer unter anderem voraus, dass die Steuer nicht beim Gläubiger oder einem unmittelbar oder mittelbar am Gläubiger beteiligten Anteilseigner angerechnet oder als Betriebsausgabe oder als Werbungskosten abgezogen werden kann. Die Möglichkeit eines Anrechnungsvortrags steht der Anrechnung gleich. Nach § 32 Abs. 5 S. 5 KStG muss die ausländische Steuerbehörde zudem bescheinigen, dass die deutsche Kapitalertragsteuer nicht angerechnet, nicht abgezogen oder nicht vorgetragen werden kann und inwieweit eine Anrechnung, ein Abzug oder Vortrag auch tatsächlich nicht erfolgt ist.

FG: Anforderungen mit Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar?

Das FG bezweifelt, ob die in § 32 Abs. 5 S. 2 Nr. 5 und Satz 5 KStG aufgestellten Anforderungen mit dem Grundsatz der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 Abs. 1, 65 AEUV, dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie dem Prinzip des "effet utile" (praktische Wirksamkeit von Europarecht) vereinbar sind. Es hat daher den EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens zur Klärung angerufen.

FG Köln , Beschluss vom 20.05.2020 - 2 K 283/16

Redaktion beck-aktuell, 17. November 2020.