Aussetzungs- und Nachzahlungszinsen: Unterschiedliche Zinssätze verfassungsrechtlich zweifelhaft

Während der Zinssatz für Aussetzungszinsen 0,5% pro Monat beträgt, liegt er für Nachzahlungszinsen seit 2019 bei 0,15%. An dieser unterschiedlichen Zinssatzhöhe bestehen ernstliche verfassungsrechtliche Zweifel, so das FG Köln unter Bezug auf einen Vorlagebeschluss des BFH von 2024. 

Das Finanzamt hatte Aussetzungszinsen für den Zeitraum Februar 2023 bis November 2024 festgelegt. Dabei legte es den gesetzlichen Zinssatz zugrunde, der nach § 237 i.V.m. § 238 Abs. 1 AO 0,5% pro Monat beträgt. Die Steuerschuldner beantragten, die Vollziehung der Zinsen in Höhe von 0,35% auszusetzen – in Höhe von 0,15% zahlten sie die Zinsen.

Sie machten mit Blick auf die Nachzahlungszinsen, die seit 2019 nur 0,15% pro Monat betragen, verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Aussetzungszinsen geltend und verwiesen auf eine Vorlageentscheidung des BFH aus dem vergangenen Jahr. Darin hat der BFH das BVerfG zur Überprüfung des höheren Zinssatzes bei Aussetzungszinsen für den Zeitraum vom 01.01.2019 bis zum 15.04.2021 eingeschaltet. Nach Ansicht des BFH ist die Zinssatzspreizung bei Aussetzungs- und Nachzahlungszinsen in dem Zeitraum verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Es verwies auf den Zeitraum, auf den sich die BFH-Vorlage bezieht. Außerdem sei spätestens ab dem 01.01.2023 nicht mehr von einer Niedrigzinsphase auszugehen. Im Vorlagebeschluss des BFH hieß es, "zumindest während einer anhaltenden strukturellen Niedrigzinsphase ist der gesetzliche Zinssatz der Höhe nach evident nicht (mehr) erforderlich, um den durch eine spätere Zahlung typischerweise erzielbaren Liquiditätsvorteil abzuschöpfen".

BFH argumentierte auch mit Zinssatzspreizung, nicht nur mit Niedrigzinsphase

Ein Eilantrag der Steuerschuldner gegen die Ablehnung des Finanzamts brachte Erfolg. Sie brauchen die weiteren Zinsen vorläufig nicht zu bezahlen, entschied das FG Köln, das die Vollziehung ausgesetzt hat (Beschluss vom 08.04.2025 - 4 V 444/25). Für Aussetzungszwecke bestünden bereits deshalb hinreichende Zweifel an der Höhe der angefochtenen Zinsen, weil der BFH eine andere Ansicht als die Finanzverwaltung vertrete.

Nicht nur eine anhaltende Niedrigzinsphase habe nach dem BFH-Beschluss verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Zinssatzes für Aussetzungszinsen begründet. Vielmehr habe er auch die Zinssatzspreizung ab 2019 moniert. Vor diesem Hintergrund seien ernstliche Zweifel zumindest dann zu bejahen, wenn wie hier im Einspruchsverfahren um die Höhe der Aussetzungszinsen gestritten wird. Denn in einer solchen Konstellation gebe es keinen anderweitigen (Zins-)Ausgleich - etwa durch den Anspruch auf Prozesszinsen während eines Klageverfahrens. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

FG Köln, Beschluss vom 08.04.2025 - 4 V 444/25

Redaktion beck-aktuell, hs, 26. Mai 2025.

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