Vorläufige Rückerstattung: Übergewinnsteuer verfassungswidrig?

Eine Gewerbetreibende erhält den bereits gezahlten EU-Energiekrisenbeitrag vorläufig zurückerstattet. Das hat das FG Köln wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit dieser sogenannten Übergewinnsteuer entschieden.

Eine Gewerbetreibende aus dem Energie- und Raffineriebereich hatte vor dem FG gegen die Festsetzung des EU-Energiekrisenbeitrags geklagt (Az.: 2 K 1595/24). Zugleich hatte sie das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) aufgefordert, den bereits entrichteten Beitrag bereits vor der Entscheidung über die Klage zurückzuerstatten. Sie berief sich auf Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des EU-Energiekrisenbeitragsgesetzes, die das BZSt allerdings nicht teilte. Die Gewerbetreibende beantragte daher vorläufigen Rechtsschutz.

Diesen gewährte ihr das FG Köln (Beschluss vom 20.12.2024 – 2 V 1597/24). Die Richterinnen und Richter des 2. Senats halten es schon aus europarechtlicher Sicht für zweifelhaft, ob eine hinreichende Rechtsgrundlage für den Erlass der EU-Verordnung zur Einführung des Energiekrisenbeitrags besteht. Diese Frage sei bereits Gegenstand eines vom belgischen Verfassungsgerichtshof gestellten Vorabentscheidungsersuchens beim EuGH (Az.: C-358/24). Das FG bezweifelt zudem, dass der Energiekrisenbeitrag mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar ist. Es stellt die Gesetzgebungskompetenz des Bundes sowie die Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz und der Eigentumsgarantie infrage.

Besonderes Aussetzungsinteresse nicht relevant

Offen ließen die Kölner Richterinnen und Richter, ob bei ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit einer Norm zudem ein besonderes Aussetzungsinteresse vorliegen müsse. Denn eine Gefährdung der Haushaltsführung des Bundes durch die vorläufige Rückerstattung des EU-Energiekrisenbeitrags sei nicht erkennbar. Aus dem Energiekrisenbeitragsgesetz würden Einnahmen von einer Milliarde bis drei Milliarden Euro erwartet. Dem stehe ein Gesamtsteueraufkommen von über 900 Milliarden Euro gegenüber. Das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung überwiege mithin nicht. Das FG ordnete auch keine Sicherheitsleistung für die vorläufig bewilligte Rückerstattung an. Dafür bestehe kein Bedürfnis, da nicht ersichtlich sei, dass die betroffene Gewerbetreibende in ihrer Existenz gefährdet sei.

Die Entscheidung des FG ist nicht rechtskräftig, weil das BZSt Beschwerde eingelegt hat (Az. beim BFH: II B 5/25 (AdV)). 

Kritik an der Übergewinnsteuer hatten Vertreter der Wissenschaft bereits 2022 in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses geäußertVerfassungsrechtliche Bedenken gegen die Steuer hatten Ende 2022 die damals unionsgeführten Länder Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Hessen geäußert.

FG Köln, Beschluss vom 20.12.2024 - 2 V 1597/24

Redaktion beck-aktuell, bw, 27. Januar 2025.

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