Wiedereinsetzung: Gericht muss auf offensichtlichen Formfehler reagieren

Für die Einhaltung von Formalien sind die Parteien und nicht die Gerichte zuständig. Bei einem offenkundigen Fehler wie einem fehlenden Namen unter der Klageschrift, der noch vor Fristablauf auffällt, muss das Gericht aber laut FG Köln die Partei umgehend darauf hinweisen.

Beim FG Köln ging am Freitag, dem 20.10.2023, um 11:53:10 Uhr eine Klage als Word-Datei über den sicheren Übertragungsweg ein. Geklagt hatte der alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der A GmbH Steuerberatungsgesellschaft Berufsausübungsgesellschaft, der sich gegen Einkommensteuerfestsetzungen wehrte. Die Frist lief am darauffolgenden Montag ab. Auf der Klage fehlte jedoch die Unterschrift oder ein Namenszug.

Am Montag bekam die Vorsitzende die Akte auf den Tisch. Um 13.58 Uhr leitete sie die Akte an den Berichterstatter weiter. Ein Hinweis auf den zu diesem Zeitpunkt erkannten Formfehler (im Dateiformat .docx übermittelt und weder qualifiziert signiert noch mit einer einfachen Signatur versehen) erging nicht. Darüber informierte der Berichterstatter den Geschäftsführer erst am nächsten Tag, also nach Fristablauf. Dieser reichte umgehend eine formwirksame Klage ein und beantragte hilfsweise die Wiedereinsetzung.

Gerichtliche Fürsorgepflicht bei offenkundigem Mangel

Das FG Köln gewährte ihm Wiedereinsetzung (Zwischengerichtsbescheid vom 11.06.2024 – 12 K 1868/23). Die Vorsitzende Richterin des Senates und der Berichterstatter hätten den Geschäftsführer noch vor Fristablauf rechtzeitig auf die fehlende einfache Signatur am Ende der Klageschrift und das falsche Dateiformat hinweisen "können und müssen". Wäre der Hinweis noch am 23.10.2023 erteilt worden, hätte der Mangel mit Hilfe der "§ 52a FGO eröffneten Möglichkeiten elektronischer Kommunikation innerhalb der noch zur Verfügung stehenden Zeit ohne Weiteres behoben werden können".

Die am 24.10.2023 übermittelte Klageschrift, so das FG weiter, habe den Anforderungen des § 52a Abs. 3 Satz 1 FGO (im pdf-Format, (einfach) durch die eingescannte eigenhändige Unterschrift des Klägers signiert) entsprochen. Zwar lasse sich aus dem gerichtlichen Prüfvermerk über die als elektronisches Dokument eingegangene Klageschrift nicht erkennen, welche Einzelperson die Klageschrift über das beSt der Berufsausübungsgesellschaft versendet habe. Insbesondere, ob die Versendung durch den Kläger als Unterzeichner der Klageschrift erfolgte. Dann bestehe zwar keine Möglichkeit, die Herkunft des Dokuments von einem konkreten Sachbearbeiter rechtssicher nachzuweisen. Dies sei aber, genau wie beim besonderen elektronischen Behördenpostfach (beBPo), hinzunehmen.

Im Hinblick auf die Frage der Formwirksamkeit einer über das beSt einer Berufsausübungsgesellschaft eingereichten Klage ließ das FG die Revision zu.

FG Köln, Entscheidung vom 11.06.2024 - 12 K 1868/23

Redaktion beck-aktuell, ns, 27. August 2024.