In der EU gibt es einen Zollkodex, der bestimmt, für welche Produkte oder Waren welche Zölle gelten. Die Vorschriften dieses Kodexes wirken in den Mitgliedstaaten verbindlich und unmittelbar. Sofern einzelne Zollvorschriften eines Mitgliedstaates vom Unionszollkodex abweichen, dürfen sie nicht angewandt werden. So wird sichergestellt, dass Zollfragen EU-weit immer gleichbehandelt werden.
Geklagt hatte eine Firma, die Unterhaltungselektronik importiert und vertreibt. Die Zollbehörde hatte für bestimmte Geräte Einfuhrabgaben festgesetzt. Jahrelang stritt man über die rechtliche Einordnung der Waren. Letztlich waren der Firma die Abgaben zu erstatten. Sodann entbrannte ein Streit über die Verzinsung der erstatteten Beträge, der vor dem FG landete.
Verzinsung ja – aber keine Zinseszinsen
Dieses entschied, dass der Firma eine Verzinsung nach EU-Recht zusteht. Die Verzinsung von Erstattungsansprüchen sei im nationalen Recht in den §§ 233 ff. AO abschließend geregelt und ermögliche neben nationalen Zinsregelungen auch eine Verzinsung von Erstattungsansprüchen nach dem Recht der EU. Der Europäische Gerichtshof gewähre in ständiger Rechtsprechung eine entsprechende Verzinsung, wenn Unionsrecht fehlerhaft umgesetzt wurde. 2022 sei diese Rechtsprechung auch auf jegliche Fehler in der Rechtsanwendung ausgeweitet worden.
Einen Anspruch auf "Zinseszinsen" beziehungsweise Verzugszinsen lehnte das Finanzgericht Hessen dagegen ab (Urteil vom 31.05.2023 – 7 K 998/20). Der unionsrechtliche Zinsanspruch fordere lediglich einen Ausgleich für das Vorenthalten des erstatteten Geldbetrages, nicht dagegen eine umfassende Verzinsung jeglicher Verzögerungen in der Abwicklung der Erstattungsansprüche.
Im Streitfall erstrecke sich der Zinsanspruch auf den Zeitraum der Entrichtung der Abgaben aufgrund der erstmaligen erhöhten Festsetzung bis zu deren Erstattung durch die beklagte Behörde, wobei sich die Höhe der Zinsen beziehungsweise der Zinslauf nach nationalem Recht in Gestalt des § 238 AO bestimme. Gegen das Urteil ist Revision eingelegt worden, die beim Bundesfinanzhof läuft (Az.: VII B 96/23).