Finanzamt entzog Attac-Trägerverein die Gemeinnützigkeit
Das Frankfurter Finanzamt hatte dem Attac-Trägerverein 2014 die Gemeinnützigkeit entzogen, weil das Netzwerk zu politisch sei. Ohne diese staatlich bestätigte Gemeinnützigkeit können Geldgeber ihre Spenden nicht von der Steuer absetzen. Für das Netzwerk ist das ein schwerer Schlag, weil es sich zum Großteil über Spenden finanziert.
BFH monierte zu weite Auslegung von Begriffen in der AO
In seinem Urteil vom 10.01.2019 (in BeckRS 2019, 2190) hatte der BFH insbesondere ausgeführt, das Hessische Finanzgericht habe die Begriffe der "Volksbildung" in § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO, worunter auch die politische Bildung fällt, und des "demokratischen Staatswesens" gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 24 AO zu weit ausgelegt.
FG verneint nun Gemeinnützigkeit
In seiner neuen Entscheidung hat das FG nun unter Beachtung der vom BFH aufgestellten Kriterien die Gemeinnützigkeit verneint und die Klage abgewiesen. Im Rahmen der Urteilsverkündung begründete der Vorsitzende Helmut Lotzgeselle die Entscheidung damit, dass die unstreitig dem Attac Trägerverein e.V. zurechenbaren Aktivitäten und Maßnahmen zumindest nicht alle einem übergeordneten gemeinnützigen Zweck dienten. Im Rahmen einer Gesamtschau ist der Senat zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger bei einzelnen durchgeführten Maßnahmen und Aktionen vorrangig konkrete politische Forderungen aufgestellt habe, die gemessen am Maßstab des BFH-Urteils von den in der Satzung genannten gemeinnützigen Zwecken nicht erfasst seien. So habe Attac mittels Kampagnen beispielsweise gegen ein Sparpaket der Bundesregierung und Hartz IV Position bezogen.
FG mit eigenem Urteil nicht glücklich
Das Hessische Finanzgericht sieht zudem den Gesetzgeber gefragt. "Es ist Aufgabe der Politik, das Gemeinnützigkeitsrecht zu überdenken", erklärte Lotzgeselle bei der Urteilsverkündung. Er machte mehrfach deutlich, dass die Entscheidung nicht den eigenen Überzeugungen entspreche, sondern durch die engen Vorgaben des Bundesfinanzhofs zustande gekommen sei. Diese Entscheidung des BFH sei mit "heißer Nadel" gestrickt, erklärte Lotzgeselle.
Attac: Urteil verheerendes Signal
Der Anwalt von Attac bezeichnete die Entscheidung des Bundesfinanzhofs als "konfuses Urteil". Er forderte die Kasseler Richter auf, am FG-Urteil von 2016 festzuhalten. Der Vertreter des Finanzamts Frankfurt hielt sich zurück: "Wir sehen uns ohnehin vor dem BFH wieder", sagte er. Darauf dürfte es hinauslaufen: "Wir gehen in Revision und notfalls auch vor das Verfassungsgericht", sagte Attac-Sprecherin Frauke Distelrath. Das neue Kasseler Urteil sei ein "verheerendes Signal für die Zivilgesellschaft", weil ein Gericht offenkundig gegen die eigene Überzeugung gezwungen worden sei, demokratisches Engagement zu schwächen.