Normalerweise stehen Anwälte in eigener Sache vor Gericht, weil sie das beA nicht oder nicht richtig genutzt haben. Ganz anders lief es aber vor dem FG Hessen, weil ein Anwalt das beA genutzt hatte, allerdings in eigener Sache. Der Mann war verwitwet und hatte Ende 2021 bei seiner Kindergeldstelle nach dem Tod seiner Frau einen Kindergeldantrag gestellt, wonach das Geld für seine beiden Kinder künftig an ihn zu zahlen sei. Er verschickte das Schreiben über sein eigenes beA und versah es mit seiner qualifizierten elektronischen Signatur. Die Behörde wies ihn mehrfach darauf hin, dass sie die Vordrucke als nicht ausgefüllt und eigenhändig unterschrieben betrachte, und lehnte seinen Antrag schließlich ab.
Der Einspruch des Witwers scheiterte: § 67 EStG, der die Antragstellung für Kindergeld regelt, lasse eine Antragstellung per beA nicht zu, so die Begründung der Familienkasse. Nach der Vorschrift ist Kindergeld bei der zuständigen Familienkasse schriftlich zu beantragen; eine "elektronische Antragstellung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich vorgeschriebene Schnittstelle" erklärt die Regelung für zulässig, soweit der Zugang eröffnet wurde. Der Anwalt reichte Klage ein: Die Behörde missachte § 126a Abs. 1 BGB, der die elektronische Form regelt, so sein Einwand. Er habe den Antrag nicht im Sinne der Vorschrift "elektronisch", sondern "schriftlich" gestellt, nämlich durch Übersendung der pdf-Datei, und seine Unterschrift durch die qualifizierte elektronische Signatur ersetzt.
beA ist nicht die amtlich zugelassene Schnittstelle
Doch der 9. Senat des FG Hessen stellte sich auf die Seite der Behörde: Entgegen § 67 Satz 1 EStG habe der Anwalt das Kindergeld im Wege der elektronischen Antragstellung beantragt, ohne jedoch den seit Dezember 2020 vorgesehenen Weg über den "amtlich vorgeschriebenen Datensatz und die amtlich vorgeschriebene Schnittstelle“ zu nutzen. Dabei handele es sich nicht um das beA.
Das Argument des Anwalts, er habe den Kindergeldantrag Ende 2021 "schriftlich" gestellt, weil er ein pdf-Dokument übermittelt und nur die Unterschrift durch die qualifizierte elektronische Signatur ersetzt habe, überzeugte das Kasseler Gericht nicht. Bei den von ihm per beA übermittelten Dokumenten handele es sich um elektronische Kommunikation und für diese hätte er nur die vorgeschriebene Schnittstelle und eben nicht das beA nutzen dürfen. "Schriftliche" und "elektronische" Antragstellung schlössen sich aber bereits vom Gesetzeswortlaut gegenseitig aus, so das FG. Zudem würde die Möglichkeit, den Kindergeldantrag über das beA einzureichen, die Rechtsanwaltschaft in privaten Angelegenheiten bevorteilen.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 87a Abs. 1 AO. Nach der Vorschrift ist die Übermittlung elektronischer Dokumente an Finanzbehörden zulässig, soweit die Behörde hierfür einen Zugang eröffnet. Als allgemeinere Vorschrift könne die Norm jedoch die spezielleren Voraussetzungen des § 67 EStG zur Übermittlung eines elektronischen Kindergeldantrags nicht aushebeln, argumentiert das FG.