Recht auf Akteneinsicht in Kanzleiräumen während Corona

Während der Pandemie ist die Möglichkeit einer Akteneinsicht ausnahmsweise durch Übersendung der Akten in die Kanzleiräume zu realisieren. Prozessbevollmächtigte könnten nicht auf das Ende der Pandemie “vertröstet“ werden, weil dieser Zeitpunkt ungewiss sei, entschied das Finanzgericht Hamburg. Auch die Neufassung des § 78 Abs. 3 Satz 1 FGO schließe diese Option nicht aus.

Akteneinsicht grundsätzlich nur in den Diensträumen des Gerichts

Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 FGO können die Beteiligten die Gerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Akten einsehen. Nach Absatz 3 der Vorschrift wird Akteneinsicht in die in Papierform geführten Akten grundsätzlich durch Einsichtnahme in die Akten in den Diensträumen des Gerichts, anderer Gerichte oder Behörden gewährt. Allerdings kann in Ausnahmefällen der Anspruch auf rechtliches Gehör und Waffengleichheit auch einen Anspruch auf Akteneinsicht in den Kanzleiräumen des Prozessbevollmächtigten begründen, über den im Rahmen einer Ermessensentscheidung zu befinden ist.

Ausnahmsweise Akteneinsicht in Kanzleiräumen in Pandemiezeiten

Das Finanzgericht Hamburg an nun einen derartigen Ausnahmefall vor dem Hintergrund des Infektionsgeschehens im Zusammenhang mit der Pandemie anerkannt. Der Prozessbevollmächtigte könne auch nicht mit dem Hinweis auf das Ende der Pandemie “vertröstet“ werden, weil dieser Zeitpunkt ungewiss sei. Da auch in Zeiten der Pandemie die Gerichte ihrer verfassungsrechtlichen Aufgabe der effektiven Rechtsschutzgewährleistung gerecht werden müssten, sei die Akteneinsicht durch Übersendung der Akten in die Kanzleiräume zu gewähren.

FG Hamburg, Beschluss vom 01.02.2021 - 4 K 136/20

Redaktion beck-aktuell, 8. April 2021.