Lebenspartnerschaft besteht seit 2001
Die Kläger hatten nach Inkrafttreten des Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz) am 01.08.2001 eine Lebenspartnerschaft begründet, die sie nach Inkrafttreten des Eheöffnungsgesetzes (EheöffnungsG) im November 2017 in eine Ehe umwandelten. Nach der gesetzlichen Regelung ist der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft nach der Umwandlung in eine Ehe für die Rechte und Pflichten der Partner maßgeblich.
Finanzamt lehnt rückwirkende Zusammenveranlagung und Ehegattensplitting ab
Weil die Zusammenveranlagung nach dem Splittingtarif in vielen Fällen zu einer Verringerung der Steuerlast führt, beantragten die Kläger, die für Eheleute vorgesehene Zusammenveranlagung nachträglich für alle Jahre seit Beginn ihrer Lebenspartnerschaft, also ab 2001. Weil beide Partner bis in das Jahr 2012 bereits mit bestandskräftigen Bescheiden jeweils einzeln zur Einkommensteuer veranlagt worden waren, lehnte das Finanzamt die - rückwirkende - Zusammenveranlagung ab.
FG: Begründung der Lebenspartnerschaft maßgebender Zeitpunkt für Rechte und Pflichten
Dem ist das Gericht nicht gefolgt und hat der Klage stattgegeben. Art. 3 Abs. 2 EheöffnungsG bestimme, dass nach der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe für die Rechte und Pflichten der Lebenspartner der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft maßgebend sei. Nach der Umwandlung seien die Lebenspartner so zu stellen, als ob sie am Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten.
Änderung bestandskräftiger Einkommensteuerbescheide gerechtfertigt
Das EheöffnungsG sei zudem ein außersteuerliches Gesetz und damit grundsätzlich geeignet, ein rückwirkendes Ereignis im Sinn von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (Abgabenordnung) darzustellen, das eine Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide ab 2001 rechtfertige, heißt es in der Entscheidung weiter. Diese Rückwirkung sei direkt aus Art. 3 Abs. 2 EheöffnungsG herzuleiten.
Rückwirkung muss nicht ausdrücklich gesetzlich angeordnet sein
Des Weiteren stellte das Gericht in diesem Zusammenhang klar, dass die Bestandskraft kein derart tragendes Prinzip des Rechts sei, dass eine Änderung bestandskräftiger Bescheide infolge einer Gesetzesänderung in jedem Fall einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung der Rückwirkung bedürfe.