FG Hamburg: Aufrechterhaltung des Insolvenzantrags kann bei Gesamtbereinigung der Schuldsituation unverhältnismäßig sein

Leitet der am Rande der Insolvenz stehende Schuldner eine Gesamtbereinigung seiner wirtschaftlichen Situation ein und bietet dem Finanzamt wegen bestehender Steuerschulden die Eintragung einer Sicherheitsgrundschuld an, ist die Aufrechterhaltung eines Insolvenzantrags seitens der Finanzbehörden unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft. Dies hat das Finanzgericht Hamburg in einem Eilverfahren mit inzwischen rechtskräftigem Beschluss vom 02.07.2019 entschieden (Az.: 2 V 121/19BeckRS 2019, 20454).

Steuerpflichtiger glich Steuerschulden teilweise aus und bereinigte wirtschaftliche Situation

Der insolvente Steuerpflichtige glich zunächst einen Teil und später sämtliche Steuerforderungen des Finanzamtes aus und leitete eine Gesamtbereinigung seiner wirtschaftlichen Situation unter anderem durch Veräußerung einer Immobilie ein. Dem Finanzamt bot er die Eintragung einer Sicherungsgrundschuld über 100.000 Euro zur Sicherung künftiger Steueransprüche an.

Finanzamt hielt Insolvenzantrag trotzdem aufrecht

Gleichwohl hielt das Finanzamt unter Berufung auf § 14 Abs. 1 S. 2 InsO seinen Insolvenzantrag aufrecht. Nach dieser Vorschrift wird ein Insolvenzantrag nicht allein dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt wird. Hält der Gläubiger seinen Antrag aufrecht, müssen die Eröffnungsvoraussetzungen weiterhin vorliegen, als bestünde die Forderung noch, das heißt der Gläubiger muss ein rechtliches Interesse an der Verfahrenseröffnung (oder Fortführung) haben und einen Eröffnungsgrund glaubhaft machen.

FG: Aufrechterhaltung des Insolvenzantrags unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft

Das Finanzgericht hat das Finanzamt im Eilverfahren zur Rücknahme des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verpflichtet. Weil der Schuldner eine Gesamtbereinigung seiner wirtschaftlichen Situation eingeleitet und die Eintragung einer Sicherheitsgrundschuld angeboten habe, sei die Aufrechterhaltung des mit gravierenden Folgen verbundenen Insolvenzantrages unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft.

FG Hamburg, Beschluss vom 02.07.2019 - 2 V 121/19

Redaktion beck-aktuell, 2. Oktober 2019.

Mehr zum Thema