Vater und Sohn gründeten in dem zugrundeliegenden Fall eine KGaA. Das Grundkapital wurde vollständig vom Vater als alleinigem Kommanditaktionär übernommen. Der Sohn leistete als persönlich haftender Gesellschafter eine Vermögenseinlage in die KGaA.
Nach der Satzung der KGaA sind die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Kapitalkonten zum Gesamtkapital, das sich aus dem Grundkapital und der Vermögenseinlage zusammensetzt, am Gewinn und an den Rücklagen der KGaA beteiligt. Vorliegend betrug das Verhältnis 90% zu 10% zugunsten des Sohnes. Kurz nach der Eintragung der KGaA erbrachte der Vater eine Einlage in mehrstelliger Millionenhöhe in eine ungebundene Kapitalrücklage der KGaA, die nach der Satzung nicht zu den Kapitalkonten zählt (disquotale Einlage).
Das Finanzamt sah darin einen schenkungsteuerpflichtigen Vorgang gemäß § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG, erließ einen entsprechenden Schenkungsteuerbescheid gegenüber dem Kläger und wies seinen Einspruch als unbegründet zurück.
Schenkungsteuertatbestand ist nicht erfüllt
Die dagegen erhobene Klage war jetzt erfolgreich. Nach Ansicht des Gerichts ist der vom Finanzamt herangezogene Schenkungsteuertatbestand nicht erfüllt. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt. Diese Voraussetzungen hält das Gericht nicht für gegeben.
Bei der KGaA handele es sich zwar um eine Kapitalgesellschaft. Auch habe sich der Wert der Beteiligung des Sohnes durch die disquotale Einlage des Vaters erhöht. Jedoch sei die Beteiligung des Klägers, weil er nicht an dem Grundkapital der KGaA beteiligt sei, kein "Anteil an einer Kapitalgesellschaft" im Sinn des Gesetzes.
Das ErbStG habe in § 13a und § 13b bereits vor Einführung von § 7 Abs. 8 ErbStG zwischen dem Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters an einer KGaA einerseits und dem Anteil an einer Kapitalgesellschaft andererseits unterschieden. Dieselbe Unterscheidung liege auch Vorschriften des EStG und des steuerrechtlichen Bewertungsgesetzes zu Grunde.
Vater und Sohn haben Lücke im Gesetz genutzt
Das Gericht hält im Übrigen weder einen anderen Schenkungsteuertatbestand für erfüllt – nicht § 7 Abs. 6 ErbStG (übermäßige Gewinnbeteiligung bei einer Personengesellschaft) und nicht den Grundtatbestand in § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG – noch sieht es einen Gestaltungsmissbrauch im Sinn des § 42 der Abgabenordnung.
Dem FG ist nach eigener Aussage bei der Entscheidungsfindung bewusst gewesen, dass der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 7 Abs. 8 ErbStG die Besteuerungslücken in Fällen disquotaler Einlagen habe schließen wollen. Im Gesetz sei aber die in diesem Fall genutzte Lücke verblieben. Sie zu schließen, liege außerhalb der Kompetenz der Finanzverwaltung und -gerichte, sondern sei dem Gesetzgeber vorbehalten. Die Revision ist unter dem Az. II R 23/23 beim BFH anhängig.