Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags bei einem Rohrleitungstransportunternehmen

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Klage eines Rohrleitungstransportunternehmens gegen einen Bescheid über die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags abgewiesen, der den Betrag vollständig der Gemeinde zurechnete, in der sich die Geschäftsleitung befand. Mangels räumlicher Verbindung habe keine einheitliche, mehrgemeindliche Betriebsstätte vorgelegen und die Betriebsstätte mit der Geschäftsleitung sei die einzige gewesen, in der Arbeitslöhne gezahlt worden seien.

Rohrleitungstransportunternehmen mit Betriebsstätten in mehreren Gemeinden

Die Klägerin betrieb eine Rohrleitung zum Transport von Gütern. Die Geschäftsleitung und die Verwaltung der Klägerin befanden sich zunächst in der Stadt F, im Streitjahr sodann in A-Stadt. Dort beschäftigte die Klägerin neben dem Geschäftsführer weitere Mitarbeiter, die teilweise auch Rohrfernleitungsanlagen dritter Unternehmen betreuten. In weiteren Städten befanden sich Absperrarmaturen bzw. Stationen zur Einspeicherung und Abgabe der Güter.

Vereinbarung über Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags

Zwischen der Klägerin, der Stadt F und den weiteren Städten bestand eine gemeinsame Vereinbarung aus dem Jahr 1992, nach welcher der Gewerbesteuermessbetrag zwischen ihnen quotal zerlegt werden sollte. In der Erklärung zur Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags für das Streitjahr nahm die Klägerin die Zerlegung auf der Grundlage dieser Vereinbarung vor, führte wegen der Sitzverlegung allerdings anstelle der Stadt F nunmehr die Stadt A an. Mit darauffolgendem Bescheid, der keinen Vorbehalt der Nachprüfung enthielt, zerlegte das Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag entsprechend der von der Klägerin eingereichten Erklärung.

Gewerbesteuermessbetrag nach Betriebsprüfung voll der Stadt A zugerechnet

Im Rahmen einer nachfolgenden Betriebsprüfung erkannte das beklagte Finanzamt - zwischen den Beteiligten unstreitig -, dass die Stadt A der oben genannten Vereinbarung nie zugestimmt hatte und auch nicht als Rechtsnachfolgerin der Stadt F angesehen werden konnte. Im darauffolgenden auf § 129 i. V. m. § 164 Abs. 2 AO gestützten Änderungsbescheid rechnete das Finanzamt der Stadt A deshalb 100% des Gewerbesteuermessbetrages zu. Die Klägerin war hingegen der Ansicht, dass die Verwaltungszentrale in A-Stadt und die Rohrleitungen in den übrigen Städten als einheitliche, mehrgemeindliche Betriebsstätte anzusehen sei; infolgedessen sei eine Zerlegung auf die involvierten Gemeinden unter Berücksichtigung erwachsener Gemeindelasten vorzunehmen.

FG: Mangels räumlicher Verbindung keine einheitliche, mehrgemeindliche Betriebsstätte

Das FG hat die Klage abgewiesen. Der Stadt A stehe der gesamte Steuermessbetrag zu, weil sich in A-Stadt die einzige Betriebsstätte befunden habe, in der Arbeitslöhne gezahlt worden seien. Demgegenüber handele es sich mangels räumlicher Verbindung zur Rohrleitung gerade nicht um eine einheitliche, mehrgemeindliche Betriebsstätte. Die Rechtsprechung zu Elektrizitätsunternehmen, nach welcher eine fehlende räumliche Verbindung zum Leitungsnetz kompensiert werden könnte, hielt der 3. Senat auf den Streitfall für nicht übertragbar. Darüber hinaus würde die fehlende räumliche Verbindung im Streitfall auch tatsächlich nicht durch eine besonders enge wirtschaftliche, technische und organisatorische Verbindung aufgewogen, da die in der Betriebsstätte in A-Stadt tätigen Mitarbeiter zu einem wesentlichen Teil von dem Betrieb der Rohrleitung unabhängige Dienstleistungen gegenüber Drittunternehmen erbracht hätten.

Finanzamt durfte Bescheid nachträglich ändern

Laut FG durfte das Finanzamt den ursprünglichen Bescheid auch ändern. Zwar habe es sich bei der unterlassenen Aufnahme eines Vorbehalts der Nachprüfung in die ursprünglichen Zerlegungsbescheide nicht um ein mechanisches Versehen des zuständigen Sachbearbeiters und damit nicht um eine offenbare Unrichtigkeit gehandelt, die jederzeit korrigiert werden könne. Das Finanzamt habe den Bescheid aber nach § 173 Abs. 1 AO ändern dürfen. Der Umstand, dass die Stadt A der Vereinbarung aus dem Jahr 1992 nie zugestimmt und das Finanzamt davon erstmals im Rahmen der Betriebsprüfung erfahren habe, sei eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache, wobei es bei sinngemäßer Anwendung des § 173 AO auf Zerlegungsfälle auf Fragen des Verschuldens nicht ankomme. Das Finanzamt sei auch berechtigt gewesen, im Rahmen der Anordnung der Außenprüfung die Teilnahme eines Gemeindebediensteten an der Außenprüfung anzuordnen. Die vom Bundesfinanzhof zugelassene Revision ist unter dem Aktenzeichen IV R 22/21 anhängig.

FG Düsseldorf, Urteil vom 19.06.2020 - 3 K 2050/17 G

Redaktion beck-aktuell, 12. Mai 2022.