FG Düsseldorf ruft EuGH an: Erhebung von Mitarbeiter-Steuer-IDs durch Zoll bei Neubewertung zollrechtlicher Bewilligungen mit EU-Recht vereinbar?

Das Finanzgericht Düsseldorf bezweifelt, dass die Frage nach den Steueridentifikationsnummern von Aufsichtsräten und (leitenden) Angestellten, die der Zoll Unternehmen im Rahmen der Neubewertung zollrechtlicher Bewilligungen stellt, mit Art. 8 der Europäischen Grundrechte-Charta vereinbar ist. Auch den vom Fragenkatalog betroffenen Personenkreis hält das FG für unverhältnismäßig weit gefasst. Es hat deshalb den Europäischen Gerichtshof im Vorabentscheidungsverfahren angerufen (Vorlagebeschluss vom 09.08.2017, Az.: 4 K 1404/17 Z).

Inhaber zollrechtlicher Bewilligungen soll Zoll Steuerdaten über Mitarbeiter mitteilen

Das klagende Unternehmen ist Inhaber sogenannter zollrechtlicher Bewilligungen, die eine Erleichterung des Zollverkehrs bewirken. Das beklagte Hauptzollamt bat die Klägerin, den im Internet abrufbaren "Fragenkatalog zur Selbstbewertung" binnen eines Monats zu beantworten. Darin wird insbesondere um Angabe von (Vor)Namen, Geburtsdatum, Steueridentifikationsnummer und zuständigem Finanzamt der Mitglieder von Bei- und Aufsichtsräten, der wichtigsten Führungskräfte, der für Zollangelegenheiten verantwortlichen Personen sowie der Zollsachbearbeiter gebeten. Ohne Mitwirkung könnten die Bewilligungsvoraussetzungen nicht festgestellt werden. Unbefristete Bewilligungen seien zu widerrufen. Dagegen hat das Unternehmen Klage erhoben. Es macht vor allem datenschutzrechtliche Bedenken geltend und beruft sich auf die Unverhältnismäßigkeit der Datenerhebung.

FG sieht in Abfragen der Steueridentifikationsnummern Verstoß gegen EU-Grundrechte-Charta

Das FG teilt die Bedenken. Es hat deshalb das Verfahren ausgesetzt und den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren angerufen. Die maßgebliche Bestimmung, Art. 24 Abs. 1 Unterabs. 2 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 zum Unionszollkodex, sei im Licht des Art. 8 der EU-Grundrechte-Charta (Schutz personenbezogener Daten) auszulegen. Danach bestünden Bedenken, ob das Abfragen der personenbezogenen Daten hinsichtlich der im Fragenkatalog bezeichneten Personen noch eine zulässige Datenverarbeitung für festgelegte Zwecke sei. Zweifelhaft sei, ob es zwingend erforderlich ist, auf die für andere Zwecke erhobenen Daten der Arbeitnehmer und Mitglieder des Aufsichtsrats zurückzugreifen, um Auskünfte bei den Veranlagungsfinanzämtern einholen zu können. So stünden die Steueridentifikationsnummern der Arbeitnehmer der Klägerin in keiner direkten Verbindung zu der Beurteilung ihrer zollrechtlichen Zuverlässigkeit.

Betroffener Personenkreis unverhältnismäßig weit gefasst

Zudem sei die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit mit Blick auf den betroffenen Personenkreis kritisch zu beurteilen. Es stelle sich die Frage, ob es absolut notwendig sei, auch die personenbezogenen Daten der Mitglieder des Aufsichtsrats, der Abteilungsleiter und Leiter der Buchhaltung abzufragen, die als solche nicht mit der Bearbeitung zollrechtlicher Fragen befasst seien.

FG Düsseldorf, Beschluss vom 09.08.2017 - 4 K 1404/17 Z

Redaktion beck-aktuell, 28. August 2017.