Begünstigungstransfer erfordert keine Erbauseinandersetzung innerhalb von sechs Monaten

Die Erbschaftsteuerbegünstigungen für den Erwerb von Betriebsvermögen und eines Familienheims können vom Erben auf einen Dritten übergehen, wenn im Rahmen der Nachlassteilung begünstigtes Vermögen übertragen wird. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung setzt dieser Begünstigungstransfer nach einem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf nicht voraus, dass die Erbauseinandersetzung innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall erfolgt.

Kommanditbeteiligung und mehrere Grundstücke geerbt

Der Kläger und sein Bruder sind zu je 1/2 Erben ihrer 2015 verstorbenen Eltern. Zum Nachlass gehörten unter anderem eine Kommanditbeteiligung des Vaters und mehrere Grundstücke. Das beklagte Finanzamt setzte gegenüber dem Kläger die Erbschaftsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Dabei wurden ihm für den Erwerb des Betriebsvermögens und für einzelne Grundstücke Vergünstigungen gemäß §§ 13a bis 13c ErbStG gewährt. Weiterhin kam für eine nach dem Erbfall vom Kläger bewohnte Wohnung die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG zur Anwendung.

Änderung der Erbschaftsteuerfestsetzung begehrt

Zum Zweck der Erbauseinandersetzung trafen die Brüder im Jahr 2018 eine Vereinbarung. Der Bruder übertrug dem Kläger den hälftigen Eigentumsanteil an der vom Kläger bewohnten Wohnung sowie den anteiligen Kommanditanteil. Die Grundstücke wurden zwischen den Brüdern aufgeteilt. Anschließend beantragte der Kläger beim Finanzamt eine Änderung seiner Erbschaftsteuerfestsetzung. Nach der Vermögensaufteilung seien ihm die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen für das Betriebsvermögen und das Familienheim statt bisher zu 50% in vollem Umfang zu gewähren.

Finanzamt lehnt Änderung wegen Zeitablaufs ab

Das Finanzamt lehnte eine Bescheidänderung ab. Eine Erbauseinandersetzung könne steuerlich nur berücksichtigt werden, wenn sie zeitnah – also innerhalb von sechs Monaten – nach dem Erbfall erfolge. Im Streitfall seien zwischen dem Erbfall und der Erbauseinandersetzung jedoch drei Jahre vergangen.

FG verweist auf Fehlen gesetzlicher Frist

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das FG Düsseldorf entschied, dass der Zeitablauf von etwa drei Jahren dem Übergang der Erbschaftsteuerbegünstigungen vom Bruder auf den Kläger nicht entgegensteht. Die Richter führten aus, dass das Gesetz keine Frist enthalte, innerhalb derer die Erbauseinandersetzung zu erfolgen habe.

Erforderlicher innerer Zusammenhang gegeben

Im Streitfall sei der für einen Begünstigungstransfer erforderliche innere Zusammenhang zwischen der Vermögensaufteilung und dem Erbfall gegeben, so das FG weiter. Ein solcher Zusammenhang könne auch dann noch bestehen, wenn die Auseinandersetzung – etwa bei komplexen Vermögenslagen und zu klärenden Bewertungsfragen – erst längere Zeit nach dem Erbfall erfolge. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass es aufgrund eines neuen Willensentschlusses der Erben zu einer Vermögensübertragung gekommen sei.

Revision beim BFH anhängig

Das Gericht wies darauf hin, dass das Finanzamt bei der Neuberechnung der Erbschaftsteuer auch die Steuerbefreiung für ein Familienheim in vollem Umfang zu berücksichtigen habe. DasFG habe es für unschädlich gehalten, dass der Bruder die persönlichen Voraussetzungen dieser Steuerbefreiung nicht erfüllte. Entscheidend sei, dass er dem Kläger abstrakt begünstigungsfähiges Vermögen übertragen habe und der Kläger die persönlichen Voraussetzungen der Steuerbefreiung erfülle. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die vom Finanzgericht zugelassene Revision wurde eingelegt und ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen II R 12/21 anhängig.

FG Düsseldorf, Urteil vom 21.04.2021 - 4 K 1154/20 Erb

Redaktion beck-aktuell, 16. Juni 2021.