3-Tages-Frist: Keine Zugangsvermutung bei regelmäßig zustellungsfreien Tagen

Die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO entfällt, wenn innerhalb der 3-Tages-Frist planmäßig an zwei aufeinanderfolgenden Tagen keine Zustellung erfolgt. Dies hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg unter Zulassung der Revision entschieden.

Einspruchsfrist wegen Zugangsfiktion nicht gewahrt

Der Beklagte erließ aufgrund der durch die Klägerin erstellten Einkommensteuererklärung einen Einkommensteuerbescheid für 2017 am Freitag, dem 15.06.2018 und übersandte ihn unmittelbar an die Klägerin. Diese war vom 02.05.2018 bis 19.06.2018 beruflich von ihrer Wohnung abwesend. Sie übersandte den Steuerbescheid am 19.06.2018 per Telefax an eine Steuerberatungsgesellschaft, der Einspruch wurde am 19.07.2018 eingelegt. Der Einspruch des Bevollmächtigten wurde vom Finanzamt als unzulässig verworfen, da die Zugangsvermutung innerhalb der 3-Tages-Frist des am 15.06.2018 im Wege des Zentralversands übergebenen Bescheides durch den Vortrag der Klägerin nicht erschüttert werde und die Einspruchsfrist daher am 18.07.2018 abgelaufen sei.

FG gibt Klage statt – Keine Zugangsvermutung bei unregelmäßiger Postzustellung

Das Finanzgericht hat der Klage stattgegeben. Die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO sei vorliegend nicht anzuwenden, weil die Post an der Wohnung der Klägerin innerhalb der 3-Tages-Frist nicht an allen Werktagen von dem Postdienstleistungsunternehmen zugestellt worden sei. Zwar finde die Zugangsvermutung auch Anwendung, wenn, etwa wegen mehrerer arbeitsfreier Tage oder Personalausfall, innerhalb der 3-Tages-Frist an zwei Tagen keine Zustellung stattfinde (z.B. werde bei Aufgabe zur Post am Freitag, dem 30. April trotz des Feiertags am 1. Mai der Zugang am Montag, dem 3. Mai grundsätzlich vermutet). Insoweit handele es sich um Sonderkonstellationen, die die grundsätzliche Anwendung der Zugangsvermutung nicht in Frage stellen würden. Anders sei dies jedoch, wenn innerhalb der 3-Tages-Frist planmäßig an zwei aufeinanderfolgenden Tagen keine Zustellung erfolge. Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen.

FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.08.2022 - 7 K 7045/20

Redaktion beck-aktuell, 10. Januar 2023.

Mehr zum Thema