Falsch diagnostizierte Zwillingsschwangerschaft: EGMR spricht Frau wegen überlanger Verfahrensdauer Entschädigung zu

Die Türkei muss einer Frau, die nach einer falsch diagnostizierten Zwillingsschwangerschaft nur ein Kind zur Welt brachte, eine Entschädigung zahlen. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit Urteil vom 10.04.2018 entschieden. Die Verfahrensdauer von fast zwölf Jahren sei unangemessen lang gewesen, so der EGMR. Damit sei auf prozessualer Ebene das Recht der Frau auf Achtung des Familienlebens verletzt worden (Az.: 18356/11).

Falsch diagnostizierte Zwillingsschwangerschaft

Bei der Klägerin wurde im Jahr 1997 in drei verschiedenen türkischen Krankenhäusern eine Schwangerschaft mit Zwillingen festgestellt. Bei der Kaiserschnittgeburt kam jedoch nur ein Kind zur Welt. Die Frau verklagte das Personal der Geburtsklinik wegen angeblicher Entführung des zweiten Zwillings. Das Strafverfahren wurde jedoch eingestellt. Erst 2010 bekam die Frau über den Weg des Verwaltungsrechts eine Entschädigung von 2575 Euro - wegen der Diagnosefehler, die das Klinikpersonal unter anderem mit dem Übergewicht der Frau erklärte.

EGMR beanstandet unangemessen lange Verfahrensdauer

Der EGMR hielt den Verdacht einer Kindesentführung zwar für ungerechtfertigt. Er sah aber auf prozessualer Ebene das Recht der Frau auf Achtung des Familienlebens (Art. 8 EMRK) verletzt. Das Verfahren haben mit fast zwölf Jahren unangemessen lang gedauert. Gerade bei möglichen Behandlungsfehlern sei eine schnelle Aufklärung wichtig für die Sicherheit der Patienten. Der EGMR sprach der Frau eine Entschädigung von 5.000 Euro zu.

EGMR, Urteil vom 10.04.2018 - 18356/11

Redaktion beck-aktuell, 10. April 2018 (dpa).

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