Fall Magnitski: EGMR verurteilt Russland wegen mehrfacher Verstöße gegen Menschenrechte

2009 starb der kremlkritische Anwalt und Wirtschaftsprüfer Sergej Magnitski in einem Moskauer Gefängnis. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Russland nun mit Urteil vom 27.08.2019 wegen mehrfacher Verstöße gegen Menschenrechte verurteilt. Die medizinische Versorgung Magnitskis in der Haftanstalt sei unzureichend gewesen und habe letztlich zu seinem Tod geführt, befand der EGMR. Zudem sei der Prozess nach seinem Tod unfair gewesen (Az.: 32631/09 and 53799/12).

Magnitski posthum wegen Steuerflucht verurteilt

Nach dem EGMR-Urteil muss Russland der Ehefrau und der Mutter Magnitskis eine Entschädigung von rund 34 000 Euro zahlen. Magnitski hatte Beamten des russischen Innenministeriums Millionenbetrug vorgeworfen, war dann unter Vorwürfen des Steuerbetrugs festgenommen worden und starb Ende 2009 im Untersuchungsgefängnis. 2013 sprach ihn ein russisches Gericht der Steuerflucht schuldig.

Russland will EGMR-Urteil prüfen 

Das russische Justizministerium betonte, dass es das Urteil aus Straßburg prüfen werde. "Innerhalb von drei Monaten wird das Ministerium entscheiden, ob es Einspruch einlegen wird“, teilte die Behörde der Agentur Interfax mit. Straßburg habe Moskau weder dazu aufgefordert, das Gerichtsurteil gegen Magnitski aufzuheben, noch sei aus der Entscheidung des Menschenrechtsgerichtshofes hervorgegangen, dass dessen Inhaftierung unrechtmäßig gewesen sei, hieß es weiter.

EGMR rügt lange U-Haft  

Die russischen Behörden hätten berechtigte Gründe gehabt, Magnitski wegen Beteiligung an Steuerhinterziehung zu verdächtigen, teilte der EGMR mit. Der Verdacht sei aber keine Rechtfertigung dafür gewesen, Magnitski mehr als ein Jahr in Untersuchungshaft festzusetzen. Seine Bitte um ärztliche Behandlung sei von den Behörden mehrfach ignoriert worden, so der Gerichtshof. Kurz vor seinem Tod sei Magnitski misshandelt worden. In einem offiziellem Report werde der Einsatz eines Gummiknüppels festgehalten, erklärte der EGMR. Russland hatte nach Magnitskis Tod erklärt, er habe einen Herzinfarkt erlitten.

USA erließ Magnitski-Gesetz 

Magnitskis Arbeitgeber, der US-Investmentbanker Bill Browder, machte den 37-Jährigen nach seinem Tod mit einer internationalen Kampagne zu einem Symbol für Menschenrechtsverstöße in Russland. US-Präsident Barack Obama unterschrieb 2012 ein eigens nach Magnitski benanntes Gesetz mit politischen und wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland. Die Entscheidung des EGMR zerstöre nun die Lügen und Propaganda über Magnitski, die von der russischen Regierung verbreitet worden seien, schrieb Browder auf Twitter.

Redaktion beck-aktuell, 28. August 2019 (dpa).

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